06.07.2024 / 6:05 Uhr / 51 km / 690 Hm+ / 690 Hm- / Gruppenlauf
Freitagabend, 8. Juli 2024, 20:37 Uhr: das groß angekündigte Sommermärchen der Fußballmillionäre ist ausgeträumt, der sich von Spiel zu Spiel stets steigernde finanzielle Anreiz der ehrenamtlichen Urlaubstätigkeit von Neuer & Co. ist somit abrupt beendet. Mit kargen 100.000 Euro Aufwandsentschädigung pro Nase ist das deutsche EM-Aus im Achtelfinale einerseits nur ein verschwindend kleiner Schiß des Teufels auf die größten Haufen (bzw. die bereits gutgefüllten Bankkonten der "Ferienarbeiter"). Es ist aber auch ein riesiger Haufen Geld, welcher an anderer Stelle sinnvoll eingesetzt, eine Menge Leid mildern könnte - so z.B. in der fast komplett aus Spenden finanzierten Arbeit der "Elterninitiative für krebskranke Kinder". Doch dafür gibt es u.a. den Zeulenrodaer Spendenlauf. Da kommt zwar nur ein Bruchteil des oben erwähnten Betrages zusammen, dieser wird aber in mühevoller Kleinstarbeit "von Herzen" zusammengetragen.
Es ist später Freitagnachmittag - im Waldstadion laufen die letzten Aufbauarbeiten für den tagsdarauf stattfindenden Spendenlauf, während sich erste Teilnehmer häuslich in ihren Fahrzeugen für die bevorstehende Nacht einrichten. Nach getaner Arbeit finden dann beide "Arbeitsgruppen" zum gemeinsamen Feierabendgetränk vor dem Vereinsgebäude des FC Motor zusammen - während im Innenraum des Gebäudes bei der Übertragung des Viertelfinalspiels gegen Spanien diskutiert, gejubelt und gelitten wird.
Treffpunkt Waldstadion von Zeulenroda
Die Nacht ist kurz, denn schon um 6 Uhr startet der 50-km-Lauf. Für die Organisatoren beginnt der Tag daher schon rund zwei Stunden früher. Ohne Frühstück und ohne Kaffee könnte manch ein Läufer den Fünfziger gar nicht bewerkstelligen und dieses Frühmorgensgedeck macht sich ja nun auch nicht von allein. Hier mischt sich dann auch schon der erste Sponsor mit ein, denn sämtliche Kost und Logie des Tages wird vom örtlichen Supermarkt (Rewe) übernommen, so daß die Geldgaben der Läufer, Walker, Wanderer und Radfahrer komplett dem Elternverein in Jena zugutekommen werden.
Anglerlatein auf die Spitze getrieben: der provokative Schnappschuß für die neidischen Anglerkollegen
Um Punkt 6 Uhr wurde noch nie in Zeulenroda das fünfziger Feld auf die Strecke geschickt. Das hat Tradition, denn Uwe Hager kann nun mal keine kurzen Dankesreden halten. Diese werden sich (auf den Vormittag verteilt) fortsetzen, denn jeder Spender hilft. Da ist es egal, in welcher der angebotenen Disziplinen er unterwegs sein wird: ob bei weiteren Läufen (10 und 25 km), einer Wanderung (12 km), beim Nordic Walking (8 und 15 km) oder bei der geführten Radtour (55 km).
Zeulenrodaer Meer, Teil I: die Zeulenrodaer Talsperre
Unsere heutige "Meer-Umrundung" ist etwas gemogelt, denn der zugewachsene und nasse Abschnitt an der Vorsperre Riedelmühle wird bereits an der Mauer dieser Sperre auf die andere Uferseite verlegt. Es wird auch das letzte Mal am heutigen Tag sein, wo wir in Ufernähe einer der beiden Talsperren agieren. Für einen 50-km-Rundkurs wäre nämlich der ausgeschilderte Talsperrenrundweg zu kurz. Über Pahren, Burkersdorf und Zikra holt der Kurs dabei mächtig aus und entfernt sich immer weiter vom "Meer".
Pausenintervalle von rund 15 Minuten machen die 50-Kilometer-Distanz recht angenehm
Über die Verpflegung beim Spendenlauf braucht man normalerweise gar keine Worte verlieren, denn da stimmt einfach alles. Ein breitgefächertes Angebot, welches stets pünktlich von Thomas & Thomas am jeweiligen VP fachgerecht präsentiert wird, unterstützt den Überlebenswillen der Teilnehmer ungemein. Favoriten der diesjährigen Nahrungsmittelpalette: "Stalintorte" (in diesem Fall sind die Speckfettbemmen gemeint) und die "Brühe" aus den Gewürzgurkengläsern.
Viele sonnige Überlandabschnitte
Unterwegs erfahren wir auch von der Arbeit der EKK Jena und von deren Netz mit Spendern. Eine Art der finanziellen Unterstützung ist dabei das Sammeln von Kronkorken. Bei dieser halbjährlich stattfindenden Aktion kamen im April etwas mehr als 14 Tonnen Weißblech zusammen, welche mit über 2.100 Euro vergütet wurden. Wenn man bedenkt, daß eine Bierkappe gerademal zwei Gramm wiegt, benötigt man immerhin satte 7.000.000 Flaschenverschlüsse für diesen Ertrag. Auf Halbliterflaschen umgerechnet ergibt dies dann eine Trinkleistung von dreieinhalb Millionen Litern Bier, welche (in der Bierbranche üblich) mit 35.000 Hektolitern angegeben werden. Diese wiederum entsprechen einem Hundertstel (!) des Jahresausstoßes aller Thüringer Brauereien.
Impressionen vom Streckenrand: Brot-und-Spiele-Relikt (li.) und eine "Katzenklappe" der Superlative (re.)
Doch damit ist die Zahlenspielerei noch nicht beendet - erste Hochrechnungen fanden übrigens schon während des Laufes statt und brachten mich erst darauf, hier detailliert weiterzurechnen. Der 2015-er Pro-Kopf-Verbrauch von Bier betrug in Deutschland 102,9 Liter und sank bis zum Vorjahr auf 88 Liter. Das wären dann (wenn man Faß-, Büchsen-, Bügelverschluß- und Drittelliterbiere weglässt) 176 Flaschen, welche 352 Gramm verwertbares Metall abwerfen. Wenn man nun den spendengestützten Preis von 15 Cent pro Kilogramm gegenrechnet, stehen gerademal 5,28 Cent zu Buche - wahrlich nicht viel. Wenn sich der Deutsche demnach dazu aufraffen könnte, mehr Bier zu trinken und wieder bei 100 Litern ankäme (das liese sich dann auch besser rechnen), würden 200 Flaschen 400 Gramm Metall und damit "glatte" 6 Cent ergeben. Dann bräuchte man nur noch 34.999 Gleichgesinnte, die ebenfalls ihre Bierverschlüsse sammeln, um den Aprilwert zu bestätigen. Bei den derzeitigen 88 Litern pro Kopf müsste man schon 39.772 Biertrinker zu dieser Aktion überreden. Egal, wo nun der Hebel angesetzt wird (ob bei einem höheren Verbrauch oder bei der Anzahl der Spender): auch Biertrinken kann helfen!
Impressionen vom Streckenrand: die Kirchen von Schüptitz (li.) und Döhlen (re.)
Zum Glück transportiert unser Begleitfahrzeug genügend dieser Zwei-Gramm-Verpackungsabfälle mit sich. Die daran anhaftenden Getränkeflaschen sind zusätzlich ein gern entgegengenommenes Utensil, welches dem sommerlich warmen Wetter kraftvoll entgegenwirkt. Sicherlich kann man auch auf die mit Plasteverschlüssen versehenen Wässerchen zurückgreifen, denn das Spenden von Pfand-Bons ist auch eine Möglichkeit der Unterstützung der Jenaer Elterninitiative.
Zeulenrodaer Meer, Teil II: Weidatalsperre
Talsperre Nr. 2, die Weidatalsperre, wird in gewohnter Art und Weise umrundet. In ebenfalls großer Entfernung zu deren Ufer setzt sich in Wenigenauma die Tour nahtlos fort. Der Wiebelsdorfer Sportplatz ist Austragungsstätte eines reichhaltigen Mittagessens und die Waldautobahn von Staitz nach Schüptitz spendet mal wieder nur bedingt Schatten. Die Hitze drückt und die Beine sind mittlerweile schwer. Deshalb wird das Tempo auch flach gehalten und die Pausenzeiten werden maximal ausgereizt. Die schattenfreie Zone über den Grashügel nach Dohlen ist dabei der Scharfrichter des Laufes.
Kurze Schaffenspause für das mobile Versorgungsteam Thomas & Thomas am VP Grobisch.
Mit Erreichen des Grobisch, dem Aussichtspunkt über der Weidatalsperre, neigt sich der Lauf so langsam dem Ende zu. Der phantastische Talblick kann zwar jetzt nur bedingt für das entschädigen, was nun an "Öde" folgt - wir genießen diesen Moment im neuerbauten Unterstand trotzdem recht ausgiebig und machen uns, mit Speis' und Trank gestärkt, auf die Socken. Über die schattenfreie "Hochebene" geht es recht trist nach Weißendorf, wo noch eine Verpflegungspause "unfallfrei" zu überstehen ist, ehe es die letzten Meter zum Ziel geht.
Übergabe des Spendentopfes an die "Elterninitiative für krebskranke Kinder Jena e.V."
Als letztes Teilnehmerfeld treffen wir am Nachmittag im Waldstadion ein. Danach geht alles ganz schnell, also viel schneller als unser Wohlfühltempo beim Lauf, denn dunkel aufgetürmte Wolken kündigen Regen und Gewitter an. Daher wird kurz nach unserer Zielankunft der mit 6.000 Euro gefüllte Geldtopf an die Vertreter der Elterninitiative übergeben. Es ist nicht der Millionenbetrag, den man von DFB-Verbandseite den Berufsfußballern für die, in deren Urlaubszeit abgeleisteten EM-Sonderschichten ausschüttet - es ist jedoch für die Arbeit im Dienste der krebskranken Kinder sowie deren Eltern und Geschwister ein herzlich entgegengenommener "warmer Regen" für die weitere Vereinsarbeit.
Ehrliches, bodenständiges Ballgetrete statt Millionärsfußball: SpG. FC Motor Zeulenroda gg. TSV 1898 Oppurg 1:0
Eine kühle Dusche bei 28°C hätten wir Läufer heute gern akzeptiert, doch da ging blöderweise kein Weg 'ran. Nun ist es aber soweit und die Fußballer aus Zeulenroda und Oppurg nehmen kurz nach ihrem Spielbeginn diesen Service in Anspruch. Nebenbei gewittert es zwar, doch die Blitze schlagen weit vom Fußballgeschehen ein und so kann der 3x-30-Minuten-Kick im Waldstadion gefahrlos zu Ende gespielt werden. Immerhin 10 Zuschauer wohnen dem 1:0 (0:0, 1:0, 0:0)-Sieg der Hausherren (offiziell) bei - wobei auch die am Vereinsgebäude befindlichen "hölzernen VIP-Logen" gut mit Zuschauern gefüllt sind. Dort geht es allerdings vorrangig um die Auswertung des Tagesgeschehens - und dies sehr intensiv und weit bis in den Abend.
Anstieg und Aussicht Teufelsberg (395 m üNN)
Nachdem am Sonnabend mit der dreimal-dreißigminütigen Spielzeit eine neue Unterordnung/Kategorie beim persönlichen Fußball-Groundhopping bedient wurde, ist der Sonntag nun dem "Hopping" (Aufsuchen) von ehemaligen Skisprungschanzen vorbehalten. Da befindet sich eine nicht mehr genutzte Naturschanze unweit von Weißendorf, welche unseren Besuch erwartet. Auf dem Hinweg nehmen wir dabei noch den Aussichtspunkt auf dem Teufelsberg in Anspruch, der einen Weitblick über die Wälder um die Zeulenrodaer Talsperre bietet.
Naturskisprunganlage am Weidenberg: Anläufbahnen K18 und K26 (li.) und Aufsprungbahn (re.)
Am östlichen Hang des Weidenberges befindet sich die von uns anvisierte Skisprungschanze, welche nach dem ehemaligen Sektionsvorsitzenden der Skisportler aus Triebes, Winfried Hildebrand, benannt ist. Sie wurde 1956 geweiht und in ihrer Nutzung derzeit nur noch beim jährlich stattfindenden Crosslauf mit eingebunden. Die K26-Anlage erweiterte man 1970 durch eine K18-Schanze, zudem nimmt das schanzengeschulte Auge linksseitig der Aufsprungbahn noch die Anläufe der K8- und K3-Schanzen wahr, die den Sprungbetrieb für den jüngsten Springernachwuchs sicherstellten. Eine "Mattenbelegung" des Sprunganlage ermöglichte außerdem die Nutzung des Areals in der schneefreien Zeit. Mittlerweile ist viel Gras über diesen geschichtsträchtigen Ort gewachsen und nur noch vereinzelt liegende Mattenteile sind aufspürbar.
Kampfrichterturm der ehemaligen Naturskischanze (Winfried-Hildebrand-Schanze)
Kampfrichterturm der Winfried-Hildebrand-Schanze
Weitenmessung (li.) und ein Blick von "oben" (re.)
Skisprungschanzenareal des Ski-Vereins Triebes
Winfried-Hildebrand-Schanze
... der 14. Spendenlauf findet am 12.07.2025 statt