13./14.07.2024 / 271 km / 3.590 Hm+ / 3.590 Hm- / Wochenend-Radtour (2 Etappen)
Eines von sieben verschiedenen Startnummern-Motiven der "Tour de Siggi"
Dieser hier abgebildete Fahrradfahrer ist übrigens Siegfried, kurz Siggi. Er fährt offensichtlich gern Rad und hat durch seine Radpartien schon allerhand Orte dieser Erde besucht. Da er aber trotzdem noch nicht überall gewesen sein kann, beschlossen Anfang 2023 ein paar Mitstreiter seines Freizeitsports ihm dahingehend weiterzuhelfen. So sollte an einem Wochenende im Sommer ein weiterer weißer Flecken von Siggis Landkarte verschwinden - so sah es zumindest der Plan vor. Doch dann kam alles anders und der Ausflug mußte gar um ein ganzes Jahr verschoben werden.
Wie kommt man denn zur Stornierung eines simplen Radausfluges? Man würde jetzt sofort bei Radfahrern ein Dopingvergehen und die daraus resultierende Sperre vermuten. Doch es gibt auch Verletzungen, die zu so einer Absage führen könnten - und genau diese Option wird im Sommer 2023 von der Reiseleitung gezogen. Ein Jahr später erinnert sich fast niemand mehr an diesen Zwischenfall mit seinen damals weitreichenden Folgen, nur die Mission ist nicht vergessen und wird nun umgesetzt: Unterstützung Siggis (in jeglicher Form) auf einer seiner vielen Weltreisen. In Stichpunkten zusammengefasst, liest sich das wie folgt:
13.07.2024 / 9 Uhr / 133 km / 1.710 Hm+ / 1.615 Hm-
Chemnitz - Elbogen - Chodau
In Eigenregie findet eine Sternfahrt nach Altchemnitz statt. Dort werden Kaffee und Kuchen für die ersten Strapazen gereicht, ehe es komplett weiter Richtung Egertal geht.
Kuchen mit heimischen Stachelbeeren und Kaffee in regional hergestellten Porzellantassen
So richtig komplett ist das Fahrerfeld dann doch nicht, da Ute kurzfristig ausfällt. Eine Atemwegserkrankung nimmt ihr den Startplatz, den sie sich nur mit der Einnahme von Schmerz- oder Dopingmitteln zurückholen könnte. Doch sowas machen Radsportler nicht!
"Tour de Siggi"-Startblock
Im ungewohnten Sextett geht es daher auf die Reise. Vom Zwönitztal ins Zschopautal wartet in Weißbach die erste Bergwertung. Ausgang ungewiß, da die Entscheidung außer Sichtweite des Autors ausgefochten wurde. Doch warum strampelt sich Olaf so ab, wenn wir doch dem Namensgeber der Tour heute mal alles zukommen lassen wollen?
Burg Scharfenstein
Schloß Wolkenstein
Die Situation beruhigt sich durch die Talfahrt entlang der Zschopau (Burg Scharfenstein und Schloß Wolkenstein als optische Gemütsaufheller) und der Preßnitz. Am Imbiß in Boden gibt es dann die ersehnte erste große Rast - ohne deren Spezialgericht Flecke, denn diese versüß-sauern einem hier nur den Monatsanfangs-Montag und nicht das Mittendrin-Wochenende.
"Jeden 1. Montag im Monat frische Flecke" - so steht es am Kiosk angeschrieben
Die erhoffte Bahnromantik im Preßnitztal fällt dem enggestrickten Fahrplan zum Opfer, daher muß ein Ersatzobjekt am Ortseingang von Jöhstadt für diesen "Zauber" herhalten. Besondere Vorkommnisse bisher: keine!
Eisenbahnromantik am Schwarzwasser in Schlössel
Wie unspektakulär plätschert das hier alles so dahin? Zum Glück wartet da Jöhstadt mit einem kurzen, 14%-igen Anstieg Richtung Marktplatz auf. Da kann man wenigstens die einsetzende Lethargie mit beherzten Tritten und einem aus-dem-Sattel-gehen unterbrechen.
Jöhstadt - ein erster Hinweis auf einen bevorstehenden Grenzübertritt
Kurz darauf wechseln wir auf die böhmische Seite des Erzgebirges. Der fest eingeplante Begrüßungsimbiß in Pleil (Černy Potok) entfällt aufgrund der "unchristlichen" Öffnungszeiten des dafür vorgesehenen Verkaufsstandes.
Sächsisch-Böhmische Grenze Jöhstadt / Pleil
In Schmiedeberg (Kovárská) säumen allerhand verfallene oder geschlossene aber auch geöffnete Gastwirtschaften unseren Weg. Wir müssen uns entscheiden - man weiß ja nie, wie schnell am rauhen Erzgebirgskamm das Wetter umschlagen kann. Zudem haben die Trinkvorräte einen (für eine notwendige Rast) entsprechenden Tiefstand erreicht. Also rechts 'ran und nachfüllen!
Regenwolkenschutzschirm in Schmiedeberg
Ein paar Höhenmeter bis zum Scheitelpunkt auf dem Erzgebirgskamm haben wir nun noch vor uns. Zwischen Wirbelstein (Meluzína) und Kreuzstein (Krízová hora) ist die 1.000-Meter-Marke locker überschritten, bietet aber nur eine eingeschränkte Aussicht Richtung Haßberg (Jelení hora) und Kupferhübel (Medník).
Siggi allein auf weiter Flur
Blick zum Haßberg
Auf dem Scheitelpunkt der Etappe, dem Erzgebirgskamm
Es gibt sicherlich schönere Abfahrten wie den folgenden Abschnitt hinab nach Schönwald (Krásny Les) - kurvenreiche, enge "Schotterpiste" mit nervigem Licht-/Schattenspiel um die reichlich vorhandenen Absätze und Löcher. Die versteifte Körperschutzhaltung, welche auch die taubgewordenen Griffel (durch die permanente Bremsbereitschaft) einbezieht, machen richtig Lust aufs Älterwerden, wenn man sich dann ganztägig so fühlt, wie nach diesem Ritt.
Schönwald - das Ende einer kraft- und nervenraubenden Abfahrt
Der Rest der Talfahrt wird wesentlich entspannter und die Blicke zurück zum Erzgebirgskamm mehren sich, da das Hauptaugenmerk nicht mehr auf der Straßenbeschaffenheit liegt.
Das Keilbergmassiv von Welchau aus gesehen
Im Egertal häufen sich nun die Sehenswürdigkeiten und somit auch die Pausen die für diese eingelegt werden. Den Anfang macht dabei die 1364 erbaute und nach ihrem letzten Brand 2003 wieder in Betrieb genommene Holzbrücke von Rodisfort (Radušov).
Holzbrücke in Rodisfort
Nur wenige hundert Meter der nächste Halt. Sehenswürdigkeit hin oder her - das tschechische Speiseeis (Zmrzlina) gehört einfach dazu, ansehnlich und schmackhaft. Es muß nicht immer der gläserne Henkeltopf sein, der zu Tische bittet! Ende der Diskussion!
Eisdiele in Rodisfort
Wir lassen dann sogar einen Biergarten rechts liegen, denn sonst läuft der Zeitplan völlig aus dem Ruder. In Gießhübl-Sauerbrunn (Kyselka), bis ins 19. Jahrhundert als Gießhübl-Puchberg bekannt, liegt der nächste historische Meilenstein am Wegesrand. Mehrere Heilquellen verhalfen einst der Siedlung zum Kurort-Status. Besonders das Engagement des Mineralwasserfabrikanten Heinrich Mattoni ("Mattoni's Gießhübler") prägte die Ortsgestaltung (u.a. Wasserheilanstalt, Kurhäuser, Sanatorium, Kolonnade sowie die Bahnstrecke Wickwitz - Gießhübl-Sauerbrunn). Derzeit macht die Kolonnade am Egerufer jedoch einen trostlosen Eindruck, denn Verfall und halbherzige Rekonstruktion können nur noch bedingt an das einst goldene Zeitalter tausender aber auch berühmter Kurgäste erinnern.
(Mineralwasser-)Trinkhalle im Park von Gießhübl-Sauerbrunn
Gießhübl-Sauerbrunn
So viel "eingeatmete Geschichte" um die Mineralwasserdynastie von Heinrich Mattoni verleiht einem förmlich die Flügel des Mattoni-Adlers. Warum sollten wir diesen Schwung nicht sinnvoll nutzen? Ein Zwischenstop in Karlsbad (Karlovy Vary) wird daher nicht ansatzweise in Betracht gezogen.
Straße nach Karlsbad
Siggi, da wären wir! Elbogen (Loket), die Stadt, die fast vollständig von der Eger umschlossen ist und über die Goethe einst urteilte: "Es liegt über alle Beschreibung schön und läßt sich als ein Kunstwerk von allen Seiten betrachten." Für Siggi scheint diese Aussage Grund genug, um sich unserer Reisegruppe zu entsagen und alleinige Nachforschungen dazu zu betreiben. Natürlich geschieht dieses Absetzen bei erstbester sich bietender Möglichkeit heimlich, still und leise. Ein fernmündliches Machtwort der Reiseleitung bringt ihn später reumütig zurück - vor dem Stadtbesuch ist schließlich deren "Umrundung" im Programm vorgesehen.
Burg Elbogen von nordnordöstlicher Seite, rechts die in den Ort führende Egerbrücke
Elbogen von der Kolowrathöhle am gleichnamigen Felsen gesehen
Burg Elbogen von der Egerbrücke aus gesehen
Das Elbogener Brauhaus (Rodinny Pivovar Svaty Florián) hätte Siggi bei seinem Ego-Städte-Trip sicherlich nicht gefunden. Doch mit seinen, ihm klettenhaft am Bein hängenden Radbegleitern passiert ihm das nicht. Der Programmpunkt "Stadtumrundung" endet auf der 27 Meter hohen Betonbogenbrücke über die Eger, die uns in einträchtigem Beisammensein zu diesem Ort führt.
Brauerei Elbogen mit Biergarten
Vorzüglicher Gaumenschmaus in Flüssigform
Der dem Brauhaus angeschlossene Biergarten ist rappelvoll. Doch ein Konzert im nahen Amphietheater sorgt auch für eine punktgenaue Abwanderung mehrerer dieser Gäste bei unserem Eintreffen und garantiert uns so einen freien Sechs-Mann-Tisch. Wie wir hier nun die nächsten anderthalb Stunden überbrücken, ist der Phanthasie des Lesers überlassen. Meine Empfehlung an interessierte Kreise des Zeittotschlagens im "Heiligen Florian" ist jedenfalls das Rubin-Spezial (Rubínovy Speciál 14°).
Elbogen - Kaiser-Ferdinands-Brücke
Elbogen - Marktplatz mit Mariensäule (li.) und ein im Barockstil umgebautes Bürgerhaus
Über den Stadtkern verlassen wir die Dreiviertelinsel Elbogen. Nun sind es noch rund sechs Kilometer bis zu unserer Unterkunft in Chodau (Chodov). Es ist bereits 19:30 Uhr, als uns an der D6 bei Neusattel (Nove Sedlo) ein Umleitungsschild versucht auszubremsen. "Uzavírka pro peší a cyclisty" - keine Panik, das gilt uns doch nicht, schon gar nicht am Wochenende! Da mogeln wir uns durch!
Baustellenhindernis
Die rege Bautätigkeit überrascht uns dann doch und dieses "Herr Fischer, wie tief ist das Wasser?"-Spiel funktioniert hier nun mal nicht, denn für ein gefahrloses Überqueren der noch bestehenden Brückenfragmente ist es hier viel zu tief dafür. Doch Bauleiter "Herr Fischer" gibt freundlich Auskunft zur bestmöglichen Fahrrad-Umfahrung der Baustelle, die wir notgedrungen annehmen.
Drahteselstallung der Superlative - mit "Grünfutter", Dusche und Fernsehapparat
Es ist 20 Uhr, als wir im Hotel Nautilus in Chodau einchecken. Der Empfang ist freundlich - vielleicht ist man auch nur erleichtert, weil mit uns schon gar nicht mehr gerechnet wurde? Im Hotelhof steppt der Bär oder zumindest ein paar junge Frauen (?) verbiegen sich scheinbar unkontrolliert im Takt tschechischer Livemusik. Wir bekommen noch eine kurze Einweisung in die Zimmer, bei denen eins ganz allein den Stahlrössern vorbehalten ist.
Das (überspitzt dargestellte) Streckenprofil der Anreise (entnommen der Komoot-Aufzeichnung)
Siggi verzichtet im Anschluß an die zu erledigenden Förmlichkeiten auf ein Tagesresümee, sicherlich fehlen ihm schlichtweg die Worte dafür. Geht schließlich allen im Trupp so und mit einem Bierglas am Hals läßt sich nun mal schlecht Redenschwingen.
Feierabendbier in Chodau, Hotel Nautilus
Bis kurz vor Mitternacht wird noch vom Großteil der Reisegesellschaft durch die Glasböden der Biergefäße das Treiben auf dem Hotelhof beobachtet. Doch irgendwann sind die Fördertöpfe der Reiseleitung für diese Freizeitbeschäftigung aufgebraucht und dem anschließenden Zapfenstreich wagt niemand zu widersprechen.
14.07.2024 / 9 Uhr / 138 km / 1.880 Hm+ / 1.975 Hm-
Chodau - Pleßberg - Chemnitz
Über zwei Stunden sind noch bis zum Frühstück (um 7:30 Uhr) zu überbrücken - Zeit genug, ein gesundheitliches Defizit in den Körper hineinzuinterpredieren. Wobei alle durchgeführten "Tests" im Sinne von "für die Rückfahrt unbedenklich" eingenordet und das starke Kratzen im Hals zum Frühstück mit der Einnahme entzündungshemmender Tomaten bekämpft werden kann. Hab' dich nicht so mädchenhaft!
Gruppenfoto vor der Heimreise
Es ist schon morgens recht warm und das anfängliche Streckenprofil kündigt ein "tendenziell bergauf" an. Da kann die "Mütze" erstmal den Lenker zieren und muß nicht schon wieder im Schweiß baden.
Wasserrad statt Fahrrad - Tilo ist ein Multitalent
Die schlechte Wegbeschaffenheit und ein permanentes Auf und Ab lassen die Reisegeschwindigkeit ins Bodenlose fallen. Wir schlängeln uns daher nur mühsam Richtung Erzgebirgskamm. Noch ernüchternder ist dann der Blick auf die ersten Hügelformationen am Horizont. Doch keine Angst, das ist nur 'ne "vorgelagerte" Kette von Fünf- und Sechshundertern - für uns nur "Gemüse", denn wir streben ja die 1.000-er Marke an.
Blick auf Kreuzberg, Ihrlberg, Dorschenberg, "Voigtsgrüner Berg", Steinberg, Reindlberg, "Heide" und Hochberg.
Zu meiner nicht gerade zügigen Radfahrerei kommen nun noch Extrapausen, welche durch die bildliche Erfassung von Straßenbegleitgrün entstehen. Am Radweg in Neu Rohlau (Nova Role) steht da eine rund 190-jährige Bastardeiche (Quercus patraea x robur), welcher die Nähe zu einem Bienenhaus den Namen "Bieneneiche" (Včelí dub) bescherte. Zudem ist eine mächtige Winterlinde (Tilia cordata) an der Straße am Ortsausgang von Gibacht (Pozorka) plaziert, welche nach der benachbarten Tankstelle benannt ist (Lípa u benzinové stanice).
"Bieneneiche" von Neu-Rohlau (li.) und die "Linde an der Tankstelle" in Gibacht (re.)
Jetzt geht es bergauf! Von Neudek (Nejdek) windet sich die Straße durch den schattigen Wald hoch zum Paß, wo sich einst die Sprachgrenze zwischen dem egerländischen und dem erzgebirgischen Dialekt befand. Bevor wir uns in die folgende Abfahrt nach Bärringen (Pernink) stürzen, gebe ich nahezu akzentfrei "Skisprungschanzen-Spezialist" Siggi noch mit auf den Weg: "Wenn Siggi gar alte Skischanzen will seh'n, dann muß er seinen Kopf gen Westen dreh'n!" Doch schnelles Radfahren scheint Siggi nun mal mehr zu faszinieren als kaum noch sichtbare Schneisen im Wald zu suchen und so rast er "im Tunnel" talwärts - besser kann man eine scheinbare Leidenschaft nicht heucheln.
Blick auf Bärringen
Die ehemaligen Schanzenanlagen von Bärringen bedürfen allerdings schon sehr genauer Ortskenntnis und sind bei der Straßenabfahrt nur grob in der Natur zu verorten.
Bärringen - Abertham
Für den Abstecher zum Pleßberg (Plešivec) müssen wir zwangsläufig noch über die Hucke von Abertham (Abertamy). Es sind zwar nicht viele Höhenmeter, die da nun schon wieder "gegengerechnet" werden, doch langsam nervt dieses Hoch-Runter. Endlich! Endlich geht es nur noch hoch! Endlich ist bei mir auch der Stecker gezogen! Zu Fuß, mit geschultertem Rad wäre ich sicherlich schneller oben. Doch ich will wie ein Mann verlieren - egal ob gegen Radfahrer, elektrisch unterstützte "Radfahrer" oder Kraftfahrer. Nach gerademal 38 zurückgelegten Kilometern am Gipfel weist der Tacho einen Schnitt von 14,4 km/h aus, welches einem gängigen Lauftempo entspricht.
Abertham und der Pleßberg
Beim Pleßberg kann man mit dem Fahrzeug bis quasi an den Tisch im Wirtshaus fahren. Eine richtig gute Geschäftsidee, denn viele Pleßberg-Besucher kommen nur zum Billig-Fressen und nicht wegen des Bergerlebnisses hierher. Fehlt nur noch, daß durch solches Klientel die letzten Sitzplätze in der Gaststube weg sind und wir allesamt darben müssen.
Pleßberg
Fahrradparkplatz auf dem Pleßberg (links am Horizont der Keilberg)
Nach der ausgedehnten Mittagspause brechen wir kurz nach eins wieder auf. Vom Pleßberg rollen wir über Abertham hinüber nach Hengstererben (Hrebečna), wo Siggis Schanzen-Leidenschaft erneut geprüft werden kann. Doch auch hier ignoriert er mal wieder alles, selbst mein Rufen wurde nicht erhört (werden wollen). Am linken Ufer der Wistritz (Bystrice) standen einst drei Schanzen, davon eine, deren K-Punkt bei 35 Metern lag. Mittlerweile umschließt dieses ehemalige Sportareal viel Grünzeug, gegen das Vergessen dieses Ortes wurde aber extra eine Tafel in einem Seitenweg aufgestellt (auf der zudem das Skispringen in Bärringen thematisiert ist).
Informationstafel zu den Skisprungschanzen von Hengstererben
Hinterlassenschaft der Sowjetarmee in Hengstererben
Auf dem Sattel zwischen Wagnerberg (Nad Ryzovnou) und Seifener Berg (Nad Ryzovnou - jíhozápadní vrchol) gebe ich Siggi noch Heimatkundeunterricht in Sachen umliegende Tausender und ehemaliges Militär- bzw. Steinbruchgelände. Ich hoffe, es nervt ihn! Er kann ja hier nicht ganz unbeschadet aus dieser (Ignoranz-)Nummer 'rauskommen.
Blick zum Gottesgaber Spitzberg
Nun ist es nicht mehr weit bis zur Grenze - über Seifen (Ryzovna) zu den Försterhäusern (Myslivny) auf normalem Asphalt, dann auf Schotterpiste zum Gröger-Stein (Grögruv pomník). Dort erinnert ein Gedenkstein an einen der ersten Gefallenen des Weltkrieges 1914/18, den einheimischen Förster Anton Gröger (geb. am 10.10.1885 in St. Joachimsthal, gef. am 09.09.1914 in Jarak), der als Infanterist in Serbien sein Leben lies.
Denkmal für den im Serbienfeldzug gefallenen Förster Anton Gröger
Nun nehmen die Räder wieder Fahrt auf, denn eine gut ausgebaute, längere Abfahrt entlang der Grenze bringt uns, vorbei am Taubenfels (Holubí skalky), Richtung Rittersgrün.
Felsformation Taubenfels
Die letzten rund 300 Meter zu den "Grenzanlagen" holpert es nochmal kurz, dann hat uns Sachsen wieder. Nun könnte es wieder relativ zügig vorangehen, doch mehrere Baustellen und eine 14%-ige Hucke bei Raschau bremsen dieses Vorhaben müde lächelnd aus.
Grenzüberfahrt nach Rittersgrün
Am Heimateck in Waschleithe wird eine letzte gemeinsame Rast verordnet, denn ab Zwönitz wird sich unser Reisekader peu a peu ausdünnen. Schade, daß es hier kein einheimisches Bier gibt und man auf Industriebiere zurückgreifen muß. Auffällig (und lehrreich zugleich): die "Ängstlichkeit" der Ur-Krostitzer Rittersleut', die selbst zum Biertrinken ihren Helm auf dem Kopf gelassen haben.
"Stahlhelmbrause" von Ur-Krostitzer: Helmpflicht beim Biertrinken
Heimatecke am Seifenbach
Ich entscheide mich (trotz immer stärker schwindender Kräfte), gegen eine Abkürzung des Tagesgeschehens durch das Zwönitztal mit Enrico und bleibe so den anderen noch als Bremsklotz erhalten. Es kommt ja nur noch ein Anstieg. Das hörte ich allerdings heute schon mehrfach: Nur noch einer zum Pleßberg. Ach ja, zum Sattel von Seifener Berg und Wagnerberg, gehts auch nochmal bissel hoch. Raschau, das ist der einzig ernsthafte Anstieg. Na gut, Zwönitz. Nun also nur noch der Katzenstein. "Das da vorn ist er ja schon.", stelle ich erleichtert fest. "Nein noch nicht ganz, ne kleine Senke und dann nochmal paar Meter hoch." Aber dann rollt es nur noch von allein.
Katzenstein
In Wüstenbrand kapseln sich Olaf und Ralf von uns ab und in Chemnitz-Rottluff verabschiedet sich Siggi von Tilo und mir. Am Schloßteich würden sich dann auch unsere Wege trennen, doch eins geht noch! Im Polargarten des Stadtparks fahren wir nochmal rechts 'ran und nehmen ein Abschlußgetränk. Man kann solche Wochenenderlebnisse ja nicht zu abrupt beenden.
Eisenbahnromantik
Nachfolgend die Verjüngung des Reisekaders in Bildform (was nicht gleichbedeutend mit einem Ausscheiden der "verschwundenen" Teilnehmer ist):
Zwönitz: komplettes Fahrerfeld präsentiert sich dem Fotographen
Wüstenbrand: noch fünf Teilnehmer finden sich zum Fototermin ein
Chemnitz, Ortseingang: nur noch ein Trio blickt in die Kamera
Chemnitz, Polargarten: nur noch zwei (Flaschen) Bier für das Sextett der "Tour de Siggi"
Ganz schön zerschossen komme ich 19:30 Uhr nach 138 Kilometern daheim an. Mehr wäre heute nicht drin gewesen! Danke, Tilo, daß du mich auf den letzten Kilometern noch gezogen hast.
Das (überspitzt dargestellte) Streckenprofil der Heimreise (entnommen der Komoot-Aufzeichnung)
Nun habe ich in der Überschrift Zahlen zur Tour hinterlegt, welche natürlich nur auf mich bezogen sind. Tourorganisator Tilo (141 + 141) und Tournamensgeber Siggi (149 + 133) kommen bei ihrem Wochenendausflug auf jeweils 282 Kilometer. Enrico hat hingegen 255 Kilometer (136 + 119) auf seinem Tacho hinterlassen. Mit jeweils 308 Kilometern waren Olaf und Ralf (beide 168 + 140) am längsten unterwegs. Letztendlich ist es auch egal, wer wieviele Kilometer weggefahren hat. Grundgedanke der Ausfahrt war ein "schönes Wochenende mit Siggi", bei dem jeder die Anzahl seiner persönlichen weißen Flecken auf der Landkarte reduziert. Dies dürfte dem allgemeinen Tenor entsprechend, gelungen sein. Daher kann man sich eine Fortsetzung dieses "Ausflugsmodells" durchaus vorstellen. Allerdings: die Hauptperson und der exklusive Namensgeber dieser Radtour wird dann nicht Siggi sein.
Standbilder: Tilo Kozlik (19), Siegfried Beyer (2), Ute Herfurt (1), unbekannter Fotograph (1), Thomas Delling (36)