19.01.2019 | 11 Uhr | 42,195 km | 20 Hm+ | 20 Hm- |
"Zwei lächeln und die Frau ist hochkonzentriert!" - mit dieser Ansage des Sprechers geht es für unsere Mannschaft in die vorletzte, der zehn 4.219,5-Meter-Runden. Das Erlebnis "Marathonlauf" ist nun mal tagesformabhängig und wird daher von den Probanden eben auch unterschiedlich nach außenhin dargestellt. Beim Team-Marathon bestimmt jedoch der physische Zustand von gleich drei Personen über Wohl und Wehe der Unternehmung. Gut, wenn man dies' Prozedere in einem eingespielten, über Jahre gefestigten Trio auf sich nimmt: Spaß auf der einen und Konzentration auf der anderen Seite! Eine klare Rollenverteilung für das Minimalziel U4h!
Es ist die Jubiläumsveranstaltung im Leipziger Süden: 10. Wintermarathon - wobei das Wort "Winter" im Veranstaltungsnamen immer noch durch ein Ausrufezeichen hervorgehoben wird (Winter!MARATHON). Doch nun ist nicht überall Winter gleich Winter. Während sich in Bayern und Österreich zurzeit die Schneemassen meterhoch türmen und selbst im eher "gemäßigten" Chemnitz noch eine weiße Decke über dem Landstrich liegt, begnügt man sich in Leipzig mit minimal ausgelegten Schneeflocken und leicht überfrorenen Parkwegen. Die Anzeige des Thermometers hält sich dabei um den Gefrierpunkt auf und die Sonneneinstrahlung verleiht dem Ganzen einen schon fast frühlingshaften Anstrich. Es herrschen also optimale Laufbedingungen! Die profilierten Schuhe können daher getrost im Wagen bleiben und auch die Kleiderwahl orientiert sich eher am "Sommerbefehl" als am Zurschaustellen von Daunen- und Pelzaccessoires.
Zehnte Ausgabe bedeutet nun aber nicht zwingend "10 Jahre", wie es allerdings in der Wintermarathon-Werbung propagiert wird. Würde man der aktuellen "10 Years Challenge" folgen und ein Bild in den sozialen Medien von heute einem Schnappschuß von vor zehn Jahren gegenüberstellen, gäbe es das Problem des fehlenden Nachweises von 2009, da der Wintermarathon eben erst ein Jahr später, am 16. Januar 2010, als eine Art Ersatz für den traditionellen Plänterwald-(Team-)Marathon ins Rennen ging. Ein ähnliches Problem gibt es ja schon etwas weiter nördlich in der Stadt, wo die (erst am 19. Mai 2009 installierte) örtliche Fußball-Betriebssportgemeinschaft vom Cottaweg ebenfalls vor zehn Jahren noch nicht existent war und dies nun mit Bildern eines leeren Fußballplatzes (2009) und einem Pulk von rot-weißen Berufssportlern im Anstoßkreis (2019) dokumentierte.
Wie vor zwei Jahren könnte ich mir im Anschluß an den Marathon im Clara-Zetkin-Park die fußballerischen Fähigkeiten der "Roten" zu Gemüte führen. Herausforderer sind am heutigen Abend die Ballsport-Millionäre aus Dortmund - amtierender Herbstmeister der Bundesliga. Für eine passive Teilnahme an diesem Wiesensport-Großereignis im Gästeblock werden jedoch weit über 100 Euro aufgerufen - weil es nur noch ganz wenige Karten dafür gibt. Logisch! Wenn diese Entwicklung aber so weiter geht, wird wohl in zehn Jahren ein Schnappschuß des vollen Zentralstadions vom 19.01.2019 ein Foto von einem der mäßig besuchten Sportplätze vom Cottaweg für die nächste Challenge herhalten müssen. Was lobe ich mir da meinen bodenständigen Viertliga-Fußball, wo für einen Bruchteil des Eintrittsgeldes auch rund zwei Dutzend Männer schon heutzutage vor spärlich besetzten Rängen dem Ballsport frönen.
Von spärlich besetzt kann man beim diesjährigen Wintermarathon jedoch nicht reden, da schon weit vor Meldeschluß die "Ausverkauft!"-Schilder im virtuellen Umlauf sind. Erstmals wurde somit das Limit von 100 Mannschaften erreicht, welche diesmal allerdings auch zwischen Halbmarathon und voller Distanz wählen können. Dies macht natürlich auch eine Streckenänderung erforderlich, da bei acht Fünfer-Runden und der kurzen Zusatzschleife kein ordnungsgemäßer Halbmarathon-Zieleinlauf möglich ist. So gibt es also zum Zehnten zehn Runden, alternativ eben nur fünf!
Die neue Streckenführung ist nicht großartig anders: eine Spitzkehre an der Galopprennbahn Scheibenholz fehlt und eine Zacke kurz vorm Rundendurchlauf ist etwas verlängert. Schließlich ist die Runde offiziell vermessen! Der Bogen um das Waldgebiet Nonne (mit Damm am Elsterflutbett und Schlammstück) entfällt und wird nach der zweiten Flußquerung auf direktem Weg Richtung Sportplatz des SV Schleußig fortgesetzt.
Zum vierten Male, bei meiner achten Teilnahme, trete ich mit Ute und Rene an die Startlnie - also nicht direkt, sondern schon etwas weiter hinten im Feld. Schließlich wollen wir ja nur unter vier Stunden auf dem Rundkurs verweilen und uns nicht am Kampf um die Podestplätze beteiligen. Training also, man kommt ja sonst nicht dazu! Nun bietet sich hier die Möglichkeit, im Sog der anderen Teilnehmer den inneren Schweinehund mal wieder bloßzustellen und sich einem geordneten Ausdauerlauf anzuschließen. Sicherlich ließ es sich in den Vorjahren mit acht Fünfer Zwischenzeiten wesentlich besser rechnen als in diesem Jahr mit zehn (un-)Runden 4,2195 Kilometern. So gibt es allerdings einen Verpflegungsstand mehr auf der Distanz.
Der Anfang macht optimistisch, nach 21 Minuten sind wir schon wieder am Ausgangspunkt. Die Sonne strahlt mit uns um die Wette und erste mannschaftsinterne Hochrechnungen sagen uns ein Ergebnis von rund 2:10 Stunden voraus (10 Runden mal 21 Minuten gleich 2:10!). Da die zweite Runde jedoch schon mit rund 23 Minuten ins Protokoll eingeht, wird die alte Zielzeit von knapp vier Stunden wieder in Betracht gezogen - denn wenn es jetzt (rein rechnerisch) so weitergeht, also für jede folgende Runde jeweils zwei Minuten mehr auf der Uhr stehen, haben wir fünf Stunden Laufzeit für die Ergebnisliste parat. Vielleicht sollten wir uns einfach nur ums Laufen kümmern und das komplizierte Rechnen mit der neuen Rundenzahl weglassen.
Ende der fünften Runde, Halbmarathon! In Zahlen: 1:51:42 Stunden. Da ist genug "Süßkraut" für die zweite Hälfte, vielleicht geht ja auch noch ein bißchen mehr!? Doch diese Euphorie ist noch nicht mal richtig zu Ende gedacht, da geht es auch schon straff in die andere Richtung. Die Standzeiten am Rundendurchlauf werden länger und die kaum sichtbare Hucke vor der Brücke über die Elster wird nun zum Scharfrichter! Es scheint, als ob der Anstieg vom Sonnalpin zur Zugspitze ansteht oder die letzte Stunde eines 24-Stundenlaufes eingeläutet wird. Mit völlig übersäuerter Muskulatur wird die Holzbeplankung der Fußgängerbrücke erreicht. Rein optisch geht es danach bergab. Nur die Beine wissen das nicht und schlurfen weiter träge vor sich hin.
"Zwei lächeln und die Frau ist hochkonzentriert", 3:03 Stunden zeigt die Uhr im Start-Ziel-Bereich und zum verschleppten "Tempo" kommen nun noch mehrere Stand-, Geh- und Massagepausen. Die Muskulatur kennt eben im neuen Jahr noch keine Marathondistanz! Da muß dann schon mal der Fachmann im Team beherzt ins Gebein des 2019er Marathon-Debütanten greifen. Doch dieser Lauf wurde von uns eben auf den ersten Kilometern entschieden und nicht (wie normalerweise üblich) am Ende! Da haben wir genug Zeit zum Verplempern - am Anfang herausgelaufene Bonusminuten werden nun in Größenordnungen vernichtet. Doch diesen Luxus gönnen wir uns!
Zielankunft! Bis zum Umschalten der Uhr auf die nächste volle Stunde ist noch jede Menge Zeit. Minimalziel erfüllt! Finisher-Torte schnappen und schnell zum ersten Gerstensaft, der in Rene's Sporttasche hoffentlich nicht zu warm geworden ist. Erst danach wird geduscht mit anschließendem Saunieren gleich in der Umkleidekabine. Und weil keiner von uns fahren muß (ein großes Dankeschön an Gesamtplatz-2-Sören!), gibt es in der Turnhalle die nächsten mineralhaltigen Kaltgetränke - nur noch einmal kurz unterbrochen vom Gang zur Siegerehrung: Platz 3 in der Sonderwertung "Ü150"! Ich glaube, die Zahl bezieht sich dabei auf das Gesamtgewicht oder den durchschnittlichen Intelligenzquotienten der Mannschaftsteilnehmer - keine Ahnung, denn über 150 Jahre sind wir drei ja nun beileibe noch nicht!
Meine bisherigen Teilnahmen:
Jahr | mit ... | Zielzeit | Gesamt | Teams | Wertung |
16.01.2010 | --- | --- | --- | 41 | --- |
15.01.2011 | --- | --- | --- | 64 | --- |
21.01.2012 | Sven Wewetzer, Jens Meier | 3:22:59 h | 12. Platz | 86 | 10. Männer |
19.01.2013 | Sven Wewetzer, Jens Meier | 3:34:42 h | 14. Platz | 86 | 11. Männer |
18.01.2014 | Sören Schramm, Sven Wewetzer | 3:16:32 h | 6. Platz | 73 | 5. Männer |
17.01.2015 | Sören Schramm, Sven Wewetzer | 3:27:46 h | 9. Platz | 71 | 7. Männer |
16.01.2016 | Rene Morgenstern, Ute Herfurt | 3:49:20 h | 26. Platz | 83 | 7. Mixed |
21.01.2017 | Rene Morgenstern, Ute Herfurt | 3:59:59 h | 19. Platz | 62 | 5. Mixed |
20.01.2018 | Rene Morgenstern, Ute Herfurt | 3:59:48 h | 25. Platz | 69 | 8. Mixed |
19.01.2019 | Rene Morgenstern, Ute Herfurt | 3:57:32 h | 24. Platz | 100 | 9. Mixed / 3. Ü150 |
Aufgrund der Plazierung, welche letztendlich zur Siegerehrung berechtigte, verzichten zwei der "Wald- und Wiesensportler" auf das traditionelle Ritual, bei dem, die im Ziel überreicht bekommene Torte im Gesicht des schwächsten Mannschaftsmitgliedes zerschellt - als süße Rache für entgangene persönliche Best- oder Olympiaqualifikationszeiten. Schade! Ein "Die Frau lächelt und zwei sind hochkonzentriert!" umschreibt die Situation nun am besten.
Mehr Infos: www.wintermarathon.de