14.04.2019 | 10 Uhr | 10 km | 80 Hm+ | 80 Hm- |
Schockstarre am Wochenende vor dem Küchwaldlauf! In einer E-Mail erhalte ich von einem Mitstreiter des gastgebenden Postsportvereins die Nachricht, daß es zum diesjährigen Frühjahrsklassiker keinen Bierverkauf geben wird. Das Ordnungsamt will es nun mal so und stellt bei Nichteinhaltung auch gleich noch empfindliche Strafen in Aussicht! Wie kann man da, als Amtsschimmel nur so herzlos sein? Denn genauer betrachtet, ist dies schlichtweg "unterlassene Hilfeleistung seitens der Behörde", wenn es um die Sofortregeneration nach sportlicher Betätigung geht! Eine Ungeheuerlichkeit dem Breitensport gegenüber!
Doch der Reihe nach: eine E-Mail bringt die finale Vorbereitungsphase auf den Küchwaldlauf gehörig durcheinander. Im Originaltext heißt es da: "Liebe Freunde des Laufsports und kühlen Gerstentrunks, ein Passus in der Ordnung für öffentliche Veranstaltungen des Ordnungsamtes lässt uns in der Art handeln, dass wir zum Küchwaldlauf keine alkoholischen Getränke verkaufen werden. Das heißt, Sportler, die nach einem Wettkampf gern isotonische Getränke mit einem Alkoholanteil trinken, sollten diese im Laufrucksack dabeihaben. Bleibt gesund und eine schöne Zeit bis Sonntag ...". Das hat gesessen! So eine Nachricht nimmt der Körper nun mal nicht ohne geplatzte Äderchen und Maximalblutdruck zur Kenntnis und ist auch urplötzlich nicht mehr bereit, Laufübungen eines Trainingsplans umzusetzen. Gut, das war er auch schon vorher nicht hundertprozentig, aber motivieren läßt er sich durch solche angekündigten Nackenschläge erst recht nicht.
Das Training ruht also - bei Jens sogar schon seit Silvester. Er ist in dieser Beziehung recht eigen. Als "guten Vorsatz fürs neue Jahr" gab es bei ihm eben keinen verordneten Laufzwang (wie generell üblich, um in den Anfangsmonaten die örtlichen Laufstrecken zu überlasten), sondern ein Drosseln seiner (schon recht spärlichen) sportlichen Aktivitäten. Aber auch ihn reißt diese "alkoholfreie Tatsache" nach unten. Im Vorjahr war er wenigstens zum Biertrinken im Küchwald, doch was soll er denn diesmal dort, wenn diese Grundversorgung fehlt? Normalerweise ist er raus - bleibt dann lieber daheim und starrt stupide die Wohnzimmerwand an. Das kann es doch nicht sein - jungen Menschen die Perspektive auf einen wunderschönen Sonntagvormittag rauben. Womöglich schaltet Jens in seiner Ausweglosigkeit noch den Fernseher an und läßt sich bei Wiederholungen des Vorabendprogrammes oder Dauerwerbesendungen vollkommen gehen. Es mußte also eine Lösung gefunden werden!
Der Hinweis, dringend benötigte, isotonische Getränke mit Alkoholgehalt im Laufrucksack dabei zu haben, verpflichtet mich nun, meinen "Geburtstagskasten" eben im Rucksack mitzunehmen, anstatt ihn vor Ort käuflich zu erwerben. Doch Laufrucksäcke mit 12 Litern Stauraum bieten keinen Platz für ein Biergebinde von 20 Flaschen - also muß der alte Seesack herhalten, der den Bierkasten regelrecht saugend aufnimmt. Das Problem scheint gelöst, doch die Trainings-Blockade im Kopf läßt sich auch weiterhin nicht überwinden und so fällt das sonnabendliche Küchwaldlauf-Abschlußtraining einer gediegenen Fußballausfahrt ins Vogtland zum Opfer. Dort gibt es das B-Junioren-Landesliga-Punktspiel zwischen dem VFC Plauen und Martins VfB Fortuna. Diese Ablenkung tut gut, zumal auch noch ein ungefährdeter 4:1-Auswärtssieg zu Buche steht.
Am Sonntagmorgen kommt der schon tagelang angekündigte Wetterumschwung. Die Sonne nimmt sich frei und die Wolken schicken mal wieder ein paar Schneeflocken zur Erde. Die Temperatur ist knapp über dem Gefrierpunkt - bessere Voraussetzungen zum Sporttreiben kann es kaum geben, auch wenn bei der Radfahrt zum Küchwald die Gliedmaßen vom eisigen Fahrtwind fast einfrieren.
Mit Vereinskamerad Glocke jr., der eine ähnliche Wettkampfwetter-Philosophie wie ich vertritt, gerate ich in der Freiluft-Umkleidekabine durch Aufwärmen von alten Kamellen schlammig-kühler Crosslaufmeisterschaften ins Schwärmen. Erwärmung durch Schwelgen in Erinnerungen sozusagen. Die Zeit bis zum Start vergeht dadurch, ohne großes Zutun, wie im Fluge und so wird der hastige Sprint über das (enteiste) Eisoval zur Startlinie die einzige wettkampfvorbereitende Beinarbeit bleiben.
Viel zu weit vorn im Heer der 223 Starter nehmen wir zwei dann Platz. Der Startschuß fällt und das Tempo für die anfäglichen drei Runden auf dem Betonoval ist schon in meinem oberen Leistungsbereich angesiedelt. Ich werde mich wohl bald von meinem Mitstreiter nach hinten lösen müssen! Zum Glück hält die im Anschluß zweifach zu durchlaufende Küchwaldrunde anfangs ein langgezogenes Bergabstück bereit, so daß ich mich irgendwie noch in Ralfs Windschatten mitziehen lassen kann. Das ändert sich schlagartig, als es ins ebene Gelände übergeht. Ralfs Schrittaktung bleibt weiterhin hoch und ich habe meine ersten Trainingsdefizite auszubaden. Im leichten Anstieg zum Rundendurchlauf kommt dann auch noch Jiri vorbei - seine etwas schräge Körperhaltung signalisiert mir zwar auch ein "Laufen am Limit", doch um mich steht es noch schlechter. Da hilft auch die überaus motivierende Ansage von Zaungast Jens zur aktuellen Wettkampfsituation, pädagogisch stilvoll vom Streckenrand ins Geschehen hinein vorgetragen, nichts. Zumindest fehlen mir die Mittel zur Umsetzung seiner Phantasien.
Runde zwei wird tempomäßig gewohnt gemütlicher und hält ein paar Überholvorgänge von hinten bereit, wobei mir dabei sogar noch nachträglich zum Geburtstag gratuliert wird. Schön, das Gefühl vermittelt zu bekommen, hier nicht aus sportlichen Gründen, sondern aus bestehenden Gratulationszwang eingesammelt zu werden. So trotte ich weiter, eingelullt von Glückwünschen dem Ziel entgegen. Stand Jens da überhaupt noch irgendwo an der Strecke? Kam da 'ne Ansage, die ich überhört habe? Am Ende steht für mich Platz 47 zu Buche, zwei Sekunden vor dem 48. Zieleinläufer - um zwei Sekunden konnte ich also hier (bildlich gesehen) meinen 48. Geburtstag "abwehren", also (wenigstens etwas) nach hinten verschieben. Bei meiner achten Küchwaldlaufteilnahme gibt es für mich einen achten Altersklassenplatz und die Zeit von 45:16 Minuten ist ein Manifest von Trainingsfaulheit und daraus resultierendem Übergewicht. Das erste Bier schmeckt trotzdem und über die sportliche Leistung des Kastengebers hüllt man sich im Rund besser in Schweigen. Es gibt so viele interessante Gesprächsthemen, da wäre ein Anschneiden dieser Materie sicherlich die denkbar schlechteste Wahl.
In der Zwischenzeit hatte Toni auf der Zielgerade Ute mit scheuchenden Handbewegungen vor sich hergetrieben. Eine Situation zum Schmunzeln, da der fachspezifische Beobachter diese Szenerie allerdings eher als Tempomacherdienste von Ute für Toni interpretierte - da sind sich alle Mitstreiter am privaten Bierausschank einig. Jedenfalls gewinnt Ute ihre neue Altersklasse in einer Laufzeit von 47:47 Minuten (9:11 Minuten Vorsprung auf Platz 2) und mit einem neuen Altersklassen-Streckenrekord.
Kurz vor 13 Uhr müssen wir dann unseren Unterstand im Eissportkomlex in das naßgraue Schmuddelwetter verlassen, denn mittlerweile sind alle laufrelevanten Utensilien abgebaut, sämtliche Läufer schon lange auf ihrem Heimweg und der Hausmeister möchte einfach nur das Tor zuschließen. Na gut, viel Zeit habe ich nun auch nicht mehr, schließlich muß ich 15 Uhr auf der Erfenschlager Alm zum Fußball des Großen sein. Bruno steht zum dritten Mal im Tor der ersten Erfenschlager Männermannschaft. Nach einem 1:1 gegen den LSV Sachsenburg und einem 4:1 gegen den BSC Rapid III erhoffe ich mir nun endlich mal, das für einen Torwächter wichtige "Zu-Null". Dies gelingt auch, dank zweier Glanzparaden von ihm. Stolz mache ich mich im Anschluß an den 3:0-Sieg zu Fuß auf den Heimweg: was der Alte sportlich eben nicht auf die Reihe bekommt, daß regelt nun der Nachwuchs immer öfter und besser! Bruno hat nur ein Problem - er soll nun den ersten "Zu-Null-Kasten" in die Kabine seiner Mannschaft stellen, um damit die Sofortregeneration seiner Mitspieler sicherzustellen. Doch diese selbstverschuldete Herausforderung muß er nun auch höchstpersönlich lösen ... da ist der Vater raus!