26.10.2014 - 6:28 Uhr - 81,1 km / 490 Hm+ / 490 Hm- (Trainingslauf)
Rund 90% Asphalt sind das Hauptmerkmal des Laufes von Chemnitz nach Glauchau.
Das letzte Oktoberwochenende war bei mir stets dem Glauchauer Herbstlauf vorbehalten. Dieses Jahr hieß es jedoch genau abzuwägen, denn seit 2009 ging meine dort beim Halbmarathon erzielte Zeit kontinuierlich von 1:24 bis auf zuletzt 1:32 zurück. Der Kernberglauf in der Vorwoche brachte dann auch nicht den erhofften Leistungsschub, der eine Teilnahme in Glauchau gerechtfertigt hätte. Die Strecke ist dort zudem DLV-vermessen und hat so eine Art "Bestenlistenfähigkeit", da kann man nun mal keine "So-lala-Zeit" zu Protokoll geben ...
Die gesamte Woche über wird von mir eine "ruhige Kugel" geschoben, was das Lauftraining betrifft. Ausreden für das Faulsein gibt es genügend. Der Körper ist deshalb jetzt grundhaft erholt, Schmerzen vom Laufsport kennt er nur vom Hören-Sagen, also fällt es mir auch leicht für den Sonntagmorgen die Tour von Chemnitz nach Glauchau und zurück festzulegen.
Da kommen wenigstens mal ein paar Kilometer für das (virtuelle) kmspiel.de zusammen und ich bin nicht ganz so weit in die Schurken-Ecke der Wenig- oder Garnichtläufer in unserer Gruppe gedrängt, denn ein Aufstieg zum Jahresende in Liga 2 ist greifbar nahe. Uns sitzen jedoch die "Vegan Runners" im Nacken. Das sind die üblen Gesellen, die meinem Essen das Essen wegessen. So habe ich es zumindest auf der Schürze des Würstchen-Grillers beim Einsiedler Herbstcrosslauf lesen können. Soweit darf es nicht kommen, das die, die sich ausgewogen und gesund ernähren, eine Liga unter den Genmais- oder Neuseeland-Äpfel-Konsumenten ihre Lorbeeren verdienen müssen. Diese Vorstellung verstärkt den Zwang dagegen "anzurennen" zusätzlich.
Die Meteorologen geben für Sonntag einen goldenen Herbsttag in die Medien und ich glaube es auch noch und überlasse Ute und den Jungs meine Laufstrecke nach Glauchau zur gemütlichen Radpartie. Eine Radtour zu dritt wird es letztlich nicht, da Martin am Sonnabend Probleme mit den Waden hat. Lag es etwa am fast dreieinhalbstündigen Anstehen nach Karten für ein Fußballspiel, bei dem der Tabellenletzte der Bundesliga am Dienstag eine Audienz in der "Drittliga-Provinz" geben wird oder lag es am Respekt vor meiner Aussage, das es deutlich über 70 Kilometer werden?
Halb sieben mache ich mich schließlich auf den Weg um den Glauchauer Herbstlauf mal passiv zu erleben. Dreieinhalb Stunden habe ich somit bis zum Start des Halbmarathons Zeit um den Gründelpark oder den Glauchauer Stausee als Zuschauerpunkt im Grünen zu erreichen. Entlang der Annaberger Straße nach Klaffenbach und weiter einmal längs durch Neukirchen laufend, erreiche ich die Brücke der A72. Hier folgt auf dem "Rund um Chemnitz"-Abschnitt bis Mittelbach der kurzzeitige Wechsel von Asphalt auf Wald- und Wiesenwege mit garstigen Betonplatten. An der Mittelbacher Sparkasse biege ich auf die B173, die Hofer Straße, welche mich nach und durch Oberlungwitz bringt. Mein Kilometer-Schnitt liegt zwischen 5:15 und 5:30 Minuten - ich bin zufrieden.
Sie fahren ... ... ich laufe! "Strumpfstadt" Oberlungwitz
Am Ortsausgang von Oberlungwitz nehme ich den direkten Weg über Hermsdorf und Rüsdorf nach St. Egidien. Auf dem Flußerlebnispfad des Lungwitzbaches erreiche ich Niederlungwitz. Dort biege ich in den Klengelhain Richtung Glauchauer Bismarckturm ab und es geht dabei das erste Mal am heutigen Tage etwas steiler bergauf. In der Zwischenzeit habe ich auch schon mit meinen (eine Stunde nach mir gestarteten) "Radverfolgern" telefoniert, um sie auf dem rechten Weg zu halten. Ute und Bruno sitzen mir, kurz vor Glauchau, rund zwei Kilometer entfernt im Nacken.
Vom Bismarckturm führt ein Pfad auf einer Wiese zur Wettiner Straße, welche mich talwärts zum Gründelpark bringt. Nach 3:15 Stunden und 35,5 Kilometern stehe ich nun an der Wettkampfstrecke des Herbstlaufes beim vierten Kilometer-Schild. Es ist noch genügend Zeit um mir ein paar trockene Sachen anzuziehen und eine Banane zu essen. Ein Telefonat mit Ute offenbart zudem einen klitzekleinen Verhauer der Radtruppe kurz vorm Ziel.
Marcus Schöfisch gewinnt mit 5:27 Min. Vorsprung den Halbmarathon. Wolfgang Glöckner (LV Limbach)
Noch vor dem Eintreffen von Ute und Bruno kommt der erste Halbmarathon-Läufer durch den Park geeilt. Er hat hier schon gut 200 Meter Vorsprung auf den Zweitplazierten herausgelaufen. Bis zum Eintreffen des Letzten der 400 gestarteten Läufer vergeht noch eine ganze Weile. Er wird nach rund 4,5 Kilometern von der Spitzengruppe des 20 Minuten später gestarteten 10-Kilometer-Laufes eingesammelt. Der Zehner hat fast doppelt so viele Starter wie der Halbmarathon, deshalb verharren wir noch eine Weile an der Strecke am Gründelteich, ehe wir uns in Richtung Stausee in Bewegung setzen.
Am Südostufer laufen wir auf der Halbmarathon-Strecke nach Wernsdorf, dort biegen wir (auf die frühere Streckenführung) Richtung Niederschindmaas ab und treffen auf die aus Schlunzig kommenden Läufer der Kategorie "Zielzeit 1:50". Mit ihnen laufe ich bis zum Ortseingang, um dort die Abkürzung von der Inneren auf die Äußere Dorfstraße zum Ortsausgang zu nehmen - das spart fast drei Kilometer und im Handumdrehen ist die "1:40er"-Gruppe erreicht. Wir gucken zu, feuern an und fotographieren. Im "U2h"-Pulk nehmen wir dann die restlichen zwei Kilometer bis nach Glauchau.
So könnte man ein Zaunhindernis überwinden.* Niederschindmaas
An der Sachsenlandhalle werden die drei überschüssigen, Vortags erstandenen Eintrittskarten (mit "Goldstaub-Status") für das DFB-Pokalspiel Chemnitz gegen Bremen zum Originalpreis (ohne Schwarzmarkt-Zuschlag) an eine fußballinteressierte Person (ohne Zugangsberechtigung zum Stadion) weitergegeben. Zum allgemeinen Palaver gesellt sich ein als Streckenposten eingesetzter Polizist, der auf freundliche Art und Weise die Verkehrssicherheit der beiden Fahrräder moniert, denn die Reflektoren in den Speichen fehlen! Ute und Bruno vermitteln jedoch den Eindruck, noch im Hellen die Heimreise zu meistern und so gibt es keinen Grund der "Zuführung" der beiden Radler.
Auf dem Heimweg genieße ich nun eine doppelte Radbegleitung. Durch Glauchau's Innenstadt visieren wir gemeinsam den Bismarckturm an, um die auf dem Hinweg zurückgelegte Strecke auch für die Rückreise zu nehmen. Der Anstieg ist für Bruno schon eine kleine Herausforderung, da er ja so gut wie nie Rad fährt und sich die bisher zurückgelegten rund 45 Kilometer nun in den Beinen bemerkbar machen.
Bruno, Daniela, Steffen und Ute unterhalb der Sachsenhalle. Bismarckturm Glauchau
Danach verflacht die Strecke wieder und das Laufen (für mich) oder Fahren (für Bruno) ist wesentlich angenehmer. Am Sportplatz des SSV St. Egidien bereitet man sich auf das Spiel der 2. Kreisklasse gegen den FSV Oberwiera vor. Dort legen wir einen kurzen Stopp ein und in der Sportlergaststätte gibt es für uns nach 51 (Gesamt-)Kilometern erstmal etwas zu trinken, ehe wir den weiteren Weg in Angriff nehmen.
Hinter Rüsdorf, an der Straßenkreuzung nach Hermsdorf und Bernsdorf legen wir auf einer Bank eine weitere Rast ein. Jetzt sind die mitgeführten Riegel dran, etwas Obst und Apfelschorle ersetzen das sonntägliche Kaffeetrinken. In Hermsdorf werden wir dann von einer aufgebrachten Gänseschar lautstark und angriffslustig empfangen - zu unserem Glück trennt uns ein Zaun von den aggressiven Tieren.
Entlang des Lungwitzbaches. "Dreiländereck" Rüsdorf - Hermsdorf - Bernsdorf.
In Oberlungwitz gibt es mit dem Kiosk an der Haltestelle der Busfernlinie Chemnitz-Innsbruck die vorerst letzte Verpflegungsmöglichkeit. Für 3,50 Euro bekommt man dort je eine Flasche Bier, Apfelschorle und Wasser sowie einen Pott Kaffee. Bei dem "Sonderangebot" füllen wir mit der zweiten Bestellung gleich noch unsere Flaschen mit auf, dazu gibt es noch etwas Süßkram zum Sofortverzehr.
Das Anlaufen nach dieser etwas längeren Pause fällt natürlich schwer, sehr unrunde Bewegungen bestimmen auf den nächsten einhundert Metern das Bild. Der folgende Anstieg nach Mittelbach zwingt mich dann auch zu kurzen Wanderpassagen, die sich auf dem Feldweg nach und später in Neukirchen (auf flacher Strecke) immer öfter wiederholen. Die Luft ist einfach 'raus, zumindest aus den Beinen. Der Kilometerschnitt sinkt immer mehr und am Stern in Neukirchen trennt sich meine Radbegleitung von mir. Bruno muß ja noch bis Erfenschlag und wird am Ende der Tour 83 Kilometer in den Waden haben.
Ich laufe also allein weiter. Es fällt immer schwerer, aber ich will nicht noch mehr "Spaziergänge" einlegen, zumal mir meine Uhr signalisiert, daß ihre Batterie schwach wird. Das fehlte mir noch, daß sie sich abschaltet, bevor ich meine Strapazen beendet habe und mir so wichtige statistische Details fehlen werden. Ich versuche deshalb das Tempo nochmal etwas zu straffen, die Uhr zeigt mir aber trotz all' meiner Bemühungen eine weitere Verlangsamung an.
Der Glauchauer Herbstlauf bietet u.a. die Halbmarathon-Distanz an ... ... auf der Uhr stehen 60 km mehr.
Keinen Meter laufe ich heute noch zusätzlich, um einen Kilometer vielleicht noch voll zu machen! So schwöre ich es mir bei jedem Schritt durch Harthau. Meine ersten Hochrechnungen liegen bei 80,5 Kilometern, wenn ich an der Haustüre "anschlagen" werde und siehe da, letztendlich 80,46 Kilometer stehen auf der Uhr, als ich wieder daheim bin. Blöde Zahl, denke ich mir und da Ute auch noch nicht daheim ist, werde ich wohl die 81 noch voll machen. Es ist ja schon duster und alle Siedlungsbewohner scheinen schon ihren Platz vor dem Fernseher eingenommen zu haben, also drehe ich noch eine große und zwei kleine Runden durch "Krachwitz", ehe ich die Zeitnahme stoppe.
"Gut gemacht!" und "Schön blöd!" schießt es mir fast gleichzeitig durch den Kopf, als ich die Wohnung betrete. Mit einem Male geht nämlich gar nichts mehr. Eine Flasche "Hohes C" (auf ex) und ein Energieriegel lassen mich nach einer Viertelstunde wieder unter den Lebenden weilen. Ein Telefonat mit Ute folgt, sie ist mir von Erfenschlag kommend, noch einmal bis Neukirchen entgegen gefahren, um mich "abzuholen". An der Endstelle in Altchemnitz müssen wir uns jedoch umfahren/umlaufen haben und so kommt Ute heute durch diese Extraschleife auf 96 Radkilometer.
Fast 11 Stunden war ich heute unterwegs, davon knapp 8 Stunden im Laufschritt. Die Uhr errechnete zudem 7.619 verbrannte Kilokalorien.
* Die auf dem Bild gezeigte Situation ist nur gestellt und entspricht nicht der Wirklichkeit.