28.04.2012 - 8:00 Uhr - 61,3 km / 1.023 Hm+ / 1.023 Hm- (kein Wettkampf)
Für 10 Euro einmal um Chemnitz? Mit dem Taxi unmöglich! Auch der Busfahrer verlangt für so eine Aktion sicherlich mehr! Mit dem eigenen Fahrzeug bei den heutigen Spritpreisen auch nicht machbar! Also dann zu Fuß, allerdings mit reichlich Verpflegung und liebevoller Betreuung unterwegs, dazu noch Gespräche unter Gleichgesinnten und schöne Ausblicke auf die grünende Natur - eigentlich unbezahlbar! In diesem Fall allerdings für 10 Euro zu verwirklichen.
Das Startplatzkontingent war in diesem Jahr schon seit März unter den altbewährten und neuen Teilnehmern verteilt. Das Thermometer zeigt gegen 8 Uhr schon beängstigende 16°C, als das Teilnehmerfeld vom Sportplatz des TSV IFA startet. Was "früher" noch mit einem Tiefstart begann, wurde dieses Mal durch ein legeres, an die ungeordnet herumstehenden Personen gerichtetes "Los geht´s!" in Bewegung gesetzt.
Durch den Zeisigwald, über Hilbersdorf führt die Route zum Schnellen Markt, wo am Eingang zu diesem Wald der erste Verpflegungsstand von Simone, Kathrin und Heike auf die Läufer wartet, bestehend aus einem reichlichen Angebot an Wasser, Schorle, Iso, Cola, Rosinen, Kuchen, Bananen, Salzbrezeln und Mars-Riegeln - warum nur haben wir heute früh noch gefrühstückt und somit fast den Start verpasst?
Durch den Ebersdorfer Wald und die Kohlung, über die BAB4 am Sechsruthenwald vorbei, hinab nach Draisdorf zieht sich das Feld schon ganz schön in die Länge. Zwischen Chemnitz (Fluß) und Heinersdorf gibt es schon die nächste Stärkung und über die Entwicklung des Temperaturanstiegs werden wir auch bestens informiert.
Es folgt die sog. "Bergwertung", ein kleiner, giftiger Anstieg neben der Kläranlage. Der Sieger der Vorjahre läßt sich auch heute nicht die Butter vom Brot nehmen und fährt die Sache nach erbittertem Widerstand eines Einzelnen sicher nach Hause. Der sich anschließende Kornweg führt nach Wittgensdorf, wo es durch den Heilstättenwald zum Einkaufspark "Chemnitz Center" geht. Das Interesse nach Konsum scheint auch am heutigen Tage ungebrochen zu sein. Fragende, verständnislose Blicke aus vorbeifahrenden Autos: "Was ist mit denen? Haben die nichts besseres zu tun?"
Nach Querung der Leipziger Straße (B95) wird bei Kilometer 18 schon wieder das Buffett in Anspruch genommen. Am Crimmitschauer Wald vorbei und an der BAB72 entlang erreichen wir Rottluff. Von hier sind es nur noch wenige Minuten bis zur Felsendome und zur nächsten Zwischenmahlzeit. Es wird gemunkelt, das man nach diesem Lauf definitiv mehr auf die Waage bringt als vorher.
Auf dem Weg hinauf zum Totenstein wächst unser Tross weiter an. Die Radbegleitung erhält Verstärkung von Jules und Thomas` MTBern und das Läuferfeld wird durch einen weiteren Teilnehmer aufgestockt. Die Hitze ist jetzt schon stellenweise unerträglich, da ist der Weg durch den Rabensteiner Wald schon eine Wohltat. Die uns entgegenkommenden Segway-Fahrer werden von uns kritisch beäugt - ist das die neue Form der menschlichen Fortbewegung?
Dann irren Rettungshunde durchs Unterholz, aber nicht wegen uns, sie sind nur Teil eines Ausbildungskurses. Nach 28 Kilometern ist der Totenstein erreicht, die 500 Meter hoch gelegene Plattform des Maria-Josepha-Turmes entschädigt mit ihrem grandiosen Ausblick für die bisherigen Strapazen (mittlerweile sind auch die 30°C erreicht). In der ausgedehnten Mittagspause wird das übliche Verpflegungsangebot um eine Portion Makkaroni mit Wurst und Käse erweitert. Es gibt natürlich viel zu erzählen. Am meisten fasziniert bin ich allerdings von den Erzählungen Jörg´s zum früheren Karl-Marx-Stadt-Marathon. Einmal der "Internationale" mit Siegerzeiten von 2:12 bis 2:20 und einem Zielschluß von 3 Stunden für die "Profis" und dann der für den Volkssport, auf einer 5km-Schleife im Stadtpark, bei dem er 1984 nach 2:58 Stunden das Ziel erreichte.
Mittlerweile haben sich Uwe und Steffen dem Feld angeschlossen. Mit (über-)vollem Magen geht es hinab nach Grüna, den Ort querend, kommen wir Richtung Mittelbach laufend, am "Wiesengrund" vorbei. Dort wurde früher richtig großer Fußball gespielt, zu den Gauligaspielen 1937/38 und 1944/45 gab es damaligen Erstligafußball zu bewundern, außerdem kamen zu Spielen gegen Nürnberg, 1860 oder den FC Bayern bis zu 8.000 Zuschauer - heutzutage gibt´s hier nur noch magere Kreisoberliga-Kost.
An der Sparkasse in Mittelbach bietet sich uns bereits die nächste Möglichkeit des Essens und Trinkens. Es folgt ein Streckenabschnitt mit viel Sonne und wenig Schatten, der Wind lässt uns diesen Teil ganz gut "überstehen". Es machen sich aber auch schon erste (wärmebedingte) Verschleißerscheinungen im Läuferfeld bemerkbar. Von der Möglichkeit des Umsteigens auf´s Rad, oder in ganz harten Fällen auch vom Einsteigen in die Begleitfahrzeuge (bis zur jeweils nächsten Verpflegungsstelle), wird von manch Einem dann auch Gebrauch gemacht. Bis zur Stelzendorfer Wetterwarte zieht sich das Feld trotzdem fast einen Kilometer auseinander.
Durch die Plattenbauten des Heckert-Gebietes im Stadtteil Hutholz laufen wir bis Klaffenbach. Auf dem langgezogenen Anstieg des Eisenweges zum Harthwald hinauf rufe ich Jens an, da er uns in seiner "Heimat" ein wenig mit dem Rad begleiten wollte. In einem längeren Gespräch ist er allerdings nicht davon zu überzeugen seinen Garten zu verlassen, bei dieser Hitze wäre dies unmöglich sich auch nur minimal zu bewegen. Wenigstens übermittelt er Grüße an alle die ihn (noch) kennen.
Von der Würschnitz im Stadtteil Harthau, wo wir uns erneut stärken konnten, führt die Runde hinauf zum Aussichtspunkt "Pappel", von dort durch den Eibischbusch hinab ins Zwönitztal zum Wassertretbecken am Einsiedler Niederwald. Eine größere Pause mit Kaffee (!!) und noch mehr Kuchen wird dort eingelegt, viele nutzen die Möglichkeit der Kneippkur. Ich bin allerdings zu bequem mir die Schuhe und Socken auszuziehen - die Wärme macht eben faul.
Der Lehmgrubenweg zieht sich ewig lang bis hoch zur Zschopauer Straße (B95), durch das Gewerbegebiet Kleinolbersdorf kommen wir an der Streckenverlegung bzw. dem Neubau der Bundesstraße vorbei zum Schösserholz. Mit dem Adelsbergturm (509 m) ist kurz darauf der höchste Punkt der Umrundung erreicht. Eine letzte Stärkung unterhalb des Adelsberges läutet die letzte Etappe zum Sportplatz ein. Ein beschlossener "Nichtangriffspakt" verhindert das Sprinten auf den letzten Metern um die ersten Plätze. So kommt es, das Siggi das Feld oberhalb der fast leeren Talsperre Euba durch das NSG des Eibsees Richtung Heideschänke anführt - Überholen wird mit Disqualifikation und Verweigerung der Zielverpflegung geahndet! Jeder hält sich daran, Steffen kann mit Sondergenehmigung zum Filmen des Zieleinlaufes vorweglaufen.
Kurz vor 18 Uhr nach fast 10 Stunden (Laufzeit 6:33 Stunden) stehen wir dann alle (um einige Erfahrungen und viele Eindrücke reicher) wieder an unserem Ausgangspunkt des Laufes. Alkoholfreies Weißbier wird von den Frauen im Akkord verteilt, damit es zu keinen Dehydrierungen kommt und dem Körper eventuell verloren gegangene Mineralien sofort wieder zugeführt werden können.
Nach der Körperpflege klingt dieser wunderschöne Tag mit einem Abendbrot im Biergarten der Sportgaststätte aus. Die extragroßen Portionen mußten (leider) von den Teilnehmern selbst bezahlt werden und waren nicht mit im 10-Euro-Rundum-sorglos-Paket enthalten. Also bei der "Abzocke" überdenke ich mir einen Start im nächsten Jahr noch mal reiflich. Aber jetzt mal realistisch betrachtet: was man hier für die oft erwähnten 10 Euro geboten bekommt ist unbezahlbar! Danke Siggi! Danke Tilo! Danke an Euch Helfer im "Hintergrund"!!
Bilder findet ihr hier.
Wichtiger Hinweis / Richtigstellung: Im obigen Text wurde fälschlicherweise erwähnt, das man mit dem Bus nicht für 10 Euro eine Runde um Chemnitz drehen kann. Diese Behauptung ist falsch, beruhte aber auf Unwissenheit. Ein CVAG-Mitarbeiter klärte mich, nachdem er den Bericht gelesen hatte, über diesen Fehler auf: eine Tageskarte für nur 3,80 Euro (Stand: Mai 2012) ermöglicht ebenfalls den "Traum" von der Chemnitz-Umrundung, da man sich in der Tarifzone 13 (Chemnitz) bewegt.