01.01.2024 / 10:45 Uhr / Stundenlauf auf 400-m-Bahn / kein Wettkampf
Der einmal jährlich stattfindende Kalenderwechsel, welcher mit guten Vorsätzen und Wünschen für die nächsten zwölf Monate zelebriert wird, assoziiert man von Jahr zu Jahr immer mehr mit dem wiederholten Öffnen der Büchse der Pandora. Welches Übel sie diesmal preisgibt, lässt sich nur schemenhaft erahnen - ist aber traditionell erstmal mit weiteren finanziellen Aufwendungen verbunden, denn das Kleingedruckte und die AGB fürs neue Jahr schreibt man ja nicht selbst. Das machen andere, die ja nun wirklich nicht jedes Anliegen erraten und somit erfüllen können. Beim Sport ist das anders, da hat man "das neue Jahr" (und was man daraus machen will) größtenteils selbst in der Hand und kann schon am Neujahrsmorgen den Grundstein für ein solides (oder eben ein eher durchwachsenes) Jahr legen - beim Rundendrehen des Frankenberger Katerlaufs.
Die Lasten und Sorgen des scheidenden Jahres wurden des nachts standesgemäß weggeböllert, um "mit Feuer" das neue Jahr zu begrüßen. Mit etwas weniger Tamtam wird auf der Frankenberger Jahnkampfbahn der Start ins neue Jahr vollzogen. Die auf dem Grün des Platzes versammelten Laufwilligen bekommen mit vorgeturnten Übungen (von der Tribüne herab) die Schwere sportlicher Betätigung wieder ganz sachte vor Augen geführt. Die Synchronisierung der Massen, welche man aus der Historie großer Turnfeste kennt, fehlt, denn Läufer sind ja schließlich Einzelsportler und keine Herdentiere!
Zeugen eines vorbildlichen Feierns des Jahreswechsels - Überreste zertifiziertem Feuerwerks warten auf ihre Abholung
Kurz darauf geht es ins Oval, auf die Tartanbahn. Die kraftraubende Erwärmungsgymnastik schlägt sich in einem mauen Anfangstempo nieder. Das neue Sport-Jahr beginnt demnach etwas zäh. Wieviele Teilnehmer schon in den ersten Runden ihre Silvestervorsätze verfluchen, ist nicht überliefert. Die Runde leert sich jedoch konstant. Der Veranstalter bietet ja auch ein sog. Katerfrühstück an, welches im angenehm temperierten Gebäude gereicht, schon frühzeitig den läuferischen Ehrgeiz im Jahresplaner abwürgt.
Jahnkampfbahn Frankenberg - bestenlistenfähige Voraussetzungen am Neujahrstag
Von den anfangs rund 200 gestarteten Läufern sind schon bald nur noch die Hälfte aktiv - dadurch hat man jetzt zwar mehr Beinfreiheit, welche aber noch nicht zwingend zum schnelleren Laufen inspiriert. Erst, als nach verkündeten 30 Minuten der Tacho knapp über 4 Kilometern steht, wird der Ernst der Lage erkannt. Zehn Kilometer sollten nach einer Stunde schon möglich sein!
Thomas - 10.600 Meter pro Stunde
Um dieses Minimalziel auch noch zu erreichen, klinkt sich der bisherige Tempomacher Heiko in die Zuschauerreihen aus. Dort hat sich mittlerweile auch Tilo eingefunden und hält mit mehreren Standbildern aus unterschiedlichen Perspektiven unseren Jahresauftakt fest. Sein aufgesetzter Fahrradhelm streut die Vermutung, er sei hierher mit dem Drahtesel angereist. Richtig feststellen läßt sich dies natürlich nicht, doch unseren (geheuchelten) Respekt müssen wir ihm trotzdem irgendwie verklickern. Tilo, das hier ist eine Laufveranstaltung! Da kannst du nun mal nicht mit dem Fahrrad aufschlagen! Damit brüskierst du die anwesenden Läufer!
Ute - 11.000 Meter pro Stunde
Dabei ist Tilo nicht zu beneiden, denn seine Radfahrerei gleicht einem Teufelskreis. Da ist sich die Wissenschaft einig und die Milchmädchenrechnung kann auch getrost ohne das Milchmädchen aufgemacht werden. Wenn er nämlich mit dem Kfz gekommen wäre, würde sich das Klima im Winter weiter zum milderen Radfahrerwetter wenden. Da er aber mit dem Rad erscheint, schlägt das Klima womöglich (auf lange Sicht) wieder um und er muß zukünftig am Neujahrstag, wegen Kälte und Schnee auf das Automobil zurückgreifen. Da haben wir es auf der 400-Meter-Bahn einfacher: wir müssen nur langsam genug laufen, damit für das restliche Jahr noch genügend Steigerungen möglich sind. Eine zu hoch gesetzte Meßlatte am Neujahrstag würde das restliche Jahr nur unnütz schwieriger gestalten.
Tempomacher Heiko, der nur punktuell unsere Rundenhatz unterstützte
Unser Teufelskreis schließt sich nach 60 Minuten. Die zurückgelegten 26 bzw. 27 Runden + Restmeter lassen genügend Spielraum für die nächsten zwölf Monate. Wann es aber damit weitergeht, steht in den Sternen. Mal sehen, ob diese der heutige Nachthimmel auch "freigibt", um eine exakte Jahresplanung in Angriff zu nehmen?
Fotograph Tilo, verantwortlich für den Großteil der Bilder