12.10.2024 / 9:45 Uhr / 30 km / 260 Hm+ / 260 Hm- / Genußlauf
Das zunehmende Alter zwingt einen immer mehr dazu, sich u.a. mit der Einnahme von Milchprodukten und deren erhöhtem Eiweiß-, Kalzium- und Vitamin-D-Gehalt gegen den altersbedingten Verlust von Muskelmasse und Knochenstärke zu stemmen. Da muß stellenweise auch improvisiert und sich der altersgerechte Ernährungsplan abenteuerlich zurechtgedichtet werden. Eine alte deutsche Redewendung, welche den Wein als die "Milch der Alten" tituliert, kommt dabei gerade recht. Sie untermauert die These von der Notwendigkeit des (ausufernden) Weinkonsums - demnach gehört der Elbtal-Weinlauf mit seinem (für Sportveranstaltungen) recht ungewöhnlichen Speiseplan zur empfohlenen Seniorengymnastik, bei der Armbeuge- und Beinbewegungen gleichermaßen stark beansprucht werden.
Auch wenn es schwerfällt, dem trauten Hopfenaufguß (für einen Tag) zu entsagen und sich dem vergorenen Traubenpreßsaft hinzugeben - man ist es seiner Körpergesundheit einfach schuldig! Seit vielen Jahrhunderten beschäftigen sich Wissenschaft und Forschung mit dem flüssigen Endprodukt der Weinberge und seiner (meist positiven) Wirkung auf den Menschen. Auftraggeberkonforme 08/15-Lobhymnen, wie die eines gewissen Benjamin Franklin, der in den Wein u.a. Gesundheit interpretierte, das Wasser aber im gleichen Satz nur mit (bösen) Bakterien assoziierte, sind längst verklungen. Weinlobbyisten hatten dabei den Bogen etwas überspannt. Heutzutage weiß man: Bakterien mach(t)en unser gesamtes Leben gar erst möglich und sind auch im Wein zu finden, zumindest sind sie für seine Herstellung von immenser Bedeutung. Vielleicht half dieser Fakt auch bei der oft zitierten Hochzeitsfeier im antiken Kana, als Jesus von Nazareth einen überraschend entstandenen Wein-Engpaß mit der unproblematischen Umwandlung von Wasser in Rebensaft egalisierte. Wein sei allerdings nur "in Wasser aufgelöstes Sonnenlicht", wie Galileo Galilei einst feststellte und somit dieses Wunder von Kana etwas entschärfte.
Bisher 8x 30 Kilometer "Genußlauf" durch die Meißner Weinberge
Zum dritten Mal (nach 2021 und 2022) die "8030"-er Startnummer
Auch Louis Pasteur konnte sich zum Thema nicht verschließen und meinte, der Wein könne mit Recht als das gesündeste und hygienischste Getränk bezeichnet werden. Diesen Stand der Dinge vertreten auch heute noch viele Thesen, welche den Wein mit gesundheitsfördernden Eigenschaften geradezu überhäufen. Neben der Verbesserung der Hirnfunktion seien erwähnt: Gewichtsreduzierung, verbessert die Lungenwerte und die Darmflora, bekämpft Erkältungen, lindert Streß, Sorgen und Angst, verringert das Alzheimerrisiko, ist entzündungshemmend sowie schmerzlindernd und wirkt als Blutverdünner vorbeugend gegen Arterienverkalkung und Herzkreislauferkrankungen. Er ist demnach eine der schmackhaftesten Arzneien, wie der griechische Philosoph Plutarch feststellte.
Nun könnte man meinen, in diesem Artikel wird nun ein wissenschaftliches Dossier (von den Elbhangwinzern in Auftrag gegeben) vorgelegt. Doch dafür fehlte es an der (in diesen Kreisen) üblichen Vergütung. Deshalb folgt nur ein nüchtern betrachteter, objektiver Abriß des Tagesgeschehens.
Los geht das Abenteuer "Weinlauf", wie jedes Jahr, in Burgstädt. Der Reisebus eines Chemnitzer Korbball-Erstligisten steht dort zur Weiterfahrt nach Meißen bereit. Aufgrund der respektablen Ergebnisse der Vorjahre, welche die Weinläufer und -wanderer stets mit nach Hause brachten, spielen die Ballsportsöldner heute nur die zweite Geige. Vorrang hat demnach der Transport der Ausdauersportler - die in dieser Saison bis dato (und auch über das Wochenende hinaus) nur einmal erfolgreichen Basketballer müssen sich auf ihren Transfer zum Pokalspiel nach Heidelberg gedulden und die Wartezeit auf "ihren Bus" im Chemnitzer Busbahnhof leicht fröstelnd überbrücken. Mit nur 4°C ist es sowohl in Chemnitz als auch in Meißen anfangs noch recht frisch.
Eine veranstaltungs- und witterungsgerechte Kleidung ist beim Weinlauf von Vorteil. Man kann natürlich auch in herkömmlicher Laufsportlertracht den Dreißiger in Angriff nehmen, riskiert dabei aber den verstärkten Trieb zur sportlichen Bestleistung, welche an diesem Tag hinten anstehen sollte. Es ist ein Genußlauf und dafür sollte die entsprechende Zeit an den Verpflegungspunkten auch in Anspruch genommen werden. Dabei muß nicht jeder Becher Wein schauspielerisch gegen das Sonnenlicht betrachtet und mit kreisenden Bewegungen zum Einfüllschacht geführt werden, denn dies sprengt dann ganz schnell den vorgegebenen zeitlichen Rahmen von knapp bemessenen sieben Stunden für die 19 (?) Verkostungspunkte.
Da unsere Sportsachen noch "in der Wäsche" und meine Laufschuhe beim Schuster waren, kamen Ute und ich nicht um eine "Verkleidung" herum. Hätte ich allerdings vor dem Start gewußt, wie oft unterwegs mein Schuhwerk von überholten Wanderern in Frage gestellt wird, wäre ich kurzfristig auf Gummistiefel oder Arbeitsschuhe umgestiegen. Für 30 Kilometer Genußlauf sollte doch der Schuh nicht das Kriterium für Durchkommen oder Scheitern sein. Es soll in der Antike professionelle Läufer gegeben haben, die weitaus größere Strecken unter kritischeren Bedingungen zurücklegten, so z.B. der griechische Tagesläufer Pheidippides. Der hatte stellenweise gar nicht die Zeit, auf die vom Schuster reparierten (Lauf-)Schuhe zu warten, nein, der mußte von jetzt auf gleich los - zudem noch ohne entsprechendes Aufwärmprogramm der Muskulatur. Doch diese schien generell im Betriebsmodus zu sein, da ging es (zur Koordinierung kriegerischer Abwehrhandlungen gegen die Perser) von Athen nach Sparta (rund 250 km) und weiter nach Marathon, um von dort nach Athen (rund 40 km) weiterzuhetzen - mit dem Endergebnis "Tod durch Erschöpfung" und nicht "Tod durch falsches Schuhwerk". Heutzutage müssen Stützstrümpfe, Laufrucksäcke und Sonnenbrillen den Erfolg absichern, was meist auch gelingt - von Pheidippides allerdings nur müde belächelt würde.
Nun zu unserem Weinlauf-Trio bzw. -Quintett: Durch das Fehlen "sportfeindlicher Kräfte" (aus dem Harthwald oder dem Küstengebiet) konnten wir zwar immer noch nicht mit der "Expressabteilung" des Burgstädter Busfahrervereins mithalten, schufen uns jedoch (durch ein flotteres Vorankommen) wesentlich größere Pausen an den Weinständen. Da kann man dementsprechend mehr verkosten und dem Körper Gutes zurückgeben. Kurzweil auf der Strecke - "Sitzfleisch" am VP. Zum guten Gläschen Wein gesellt sich geistreiches Gespräch, man trifft auf Ordensbrüder, falsche und richtige Weinköniginnen, gibt Fernsehinterviews (Ute) oder genießt einfach nur den Blick auf Donaudurchbruch und Schloß Neuschwanstein.
Es ist 17:55 Uhr - nach 8:10 Stunden Brutto-Laufzeit (Nettozeit immerhin "nur" 3:41 Stunden) durchlaufen wir den Zielbogen. Leider ist die Entwertungsstelle unserer Tickets schon stromlos geschaltet und eine Finisher-Urkunde gibt es auch nicht mehr. Dafür sind wir noch pünktlich am Klamottenbus (Öffnungszeit bis 18 Uhr), der unsere Beutel mit den Wechselsachen verwahrt hat. Der Abend endet im Festzelt, wo wir zu den Klängen zeitgenössischer Musik noch unsere Beinmuskulatur leicht auswippen. Das sollte dann auch mit der sportlichen Betätigung ausreichen, denn zuviel des Guten ist bekanntlich nicht unbedingt förderlich. Aufschluß über den Erfolg in Sachen Erhalt der Muskelmasse und Knochenstärke würde eine Körperanalyse geben - mal sehen, ob wir auf der Heimfahrt noch an einer dafür zertifizierten Meßstelle (vielleicht beim "Hausarzt") vorbeikommen. Letztendlich reicht aber auch das angeeignete Grundwissen der angenehmen Eigenschaften des Rebensaftes aus. Wohlfühlen muß nicht immer meßbar sein, es kann sich auch mit leichten Sprachstörungen und welligem Gang äußern. Ein Genußlauf betreibt nun mal keinen Raubbau am Körper - er gibt verlorengegangene Substanz zurück und ist deshalb für einen ausgewogenen Trainingsplan extrem wichtig.
Die Standbilder dieses Artikels stammen von Ute Herfurt, Steffen Steinert und Rene Morgenstern - sind aber aufgrund der Menge (an Weinproben) nicht mehr klar dem jeweiligen Fotograf zuzuordnen.