28.09.2019 | 12 Uhr | 10 km | 240 Hm+ | 240 Hm- |
Mit dem vom Badverein Dittersdorf organisierten Amtsberger Panoramalauf wird nun endlich eine längst überfällige Marktlücke direkt vor unserer Haustür geschlossen: keine Bestenlistenstrecke, kein großes Primborium, keine großen Namen - denn dafür ist der Berlin-Marathon tagsdarauf zuständig! Im Erzgebirgsvorland gibt es dagegen noch eine gemütliche, mit Ausblicken garnierte und fast familiär durchgeführte Veranstaltung - und das alles auf unserer (ehemaligen) Trainingsrunde. Ein Pflichttermin!
Amtsberger Panoramalauf ... wobei es sich nicht um den bewaldeten, mit einem Gipfelstein ausgestatteten Hügel, namens Amtsberg (503 m) handelt. Amtsberg ist seit 25 1/2 Jahren die zusammenfassende Bezeichnung des nördlichen Teils von Wilischthal und der bis dahin eigenständigen Gemeinden Schlößchen, Weißbach und Dittersdorf, in deren "Mitte" diese Erhebung liegt. In letztgenanntem Ortsteil findet der Panoramalauf statt, ohne jenen Amtsberg dabei zu frequentieren. Dafür werden die wesentlich aussichtsreicheren Fünfhunderter - der Mühlberg (509 m) und die Dittersdorfer Höhe (553 m) in der großen Wettkampf-Runde "überschritten". Das Panorama hält dabei Ausblicke zum Adelsberg (509 m), dem Rochlitzer Berg (353 m) und den weiter nordwestlich liegenden Kühltürmen vom Kraftwerk Lippendorf parat. Gen Süden sind Keilberg (1.244 m), Fichtelberg (1.215 m), Pöhlberg (831 m), Bärenstein (898 m), Scheibenberg (807 m) und Haßberg (994 m) sichtbar, während östlich Schloß Augustusburg auf dem Schellenberg (516 m) thront.
Hunderte Male haben wir mit unserer vierköpfigen Altchemnitzer Laufgruppe in längst vergangener Zeit die Wege und Pfade rund um die Dittersdorfer Höhe mit unserer Intensität und unserem permanenten Übergewicht regelrecht verdichtet - dieses Gebiet sozusagen urbar, für den menschlichen Gebrauch erst nutzbar gemacht. Doch lang, lang ist's her! Erst schied Mario, später dann Jens aus unserem Quartett. Ute und ich sind nun auch schon länger aus diesem Zyklus raus. Die Natur hatte demnach genügend Zeit, sich der Folgen dieser läuferspezifischen Erschließung anzunehmen und sich das Urbild der Gegend zurückzuholen. Es ist ihr gelungen! Sie hat sich von unserem früheren Trainingseifer bestens erholt!
Wir kannten jeden Stein, jede Zwischenzeit und jeden Höhenmeter auf den Touristen-Achsen des Areals. Auch abseits der Wege war uns nichts fremd. Die Absturzstelle eines Jagdflugzeuges im Einsiedler Wald zwischen Fischzucht und Lärchenallee wurde damals von uns (im Orientierungsläuferstil) erkundet, die verwachsensten Direktlinien und deren unzugänglichsten Ausweichrouten zwischen ehemaliger Mühlberg-Holzschanze und gleichnamiger Erhebung testeten oft die Reißfestigkeit unserer Bekleidung und die steilen Bergab-Passagen im Unterholz forderten Knie und Oberschenkel.
Nun treffen Ute und ich also wieder auf die längst vergessenen Pfade. Wobei die schwache Erinnerung daran, einen Probelauf, sprich ein wettkampfbezogenes Training, zwingend voraussetzt. Da auf der Internetpräsenz der Veranstaltung die Strecken des Panoramalaufes ohne Laufrichtung angegeben sind und die Beschreibung keine 100%ige Auflösung dazu gibt, muß die detaillierte Route vorab in beiden Richtungen unter die Füße genommen werden. Dies geschieht an einem leicht verregneten Tag, ohne die mögliche Panoramasicht - der Fokus liegt also komplett auf Wegbeschaffenheit und Streckenführung. Die (vier) gemessenen Streckendaten variieren dabei zwischen 9,94 und 10,08 Kilometern Länge bzw. 235 und 240 positiven Höhenmetern. So gut vorbereitet ging es schon lange nicht mehr an die Startlinie eines Wettkampfes!
Der Ansturm am Dittersdorfer Freibad hält sich in Grenzen - 42 Walker auf dem Zehner, 15 Läufer auf der Fünfer-Runde und 63 Teilnehmer am 10-km-Lauf. Nach dem Start (mit Brutto-Netto-Zeiterfassung!) wird der Mühlberg erklommen. Dabei ist ein Drittel der Höhenmeter (80 von 240) schon mal in den Beinen, ehe es pomalo Richtung Fischzucht geht. Am Beginn der Lärchenallee wird jedoch die von der Holzrückung zerfurchte Bergab-Schneise gegen den Wanderweg, welcher direkt bei "Drei Buchen" endet, getauscht. Eine zweite kleine Streckenänderung gibt es an der Ruhebank-Siedlung, wo der Waldpfad gegen den Asphalt der ehemaligen Bundesstraße getauscht wird. Zwei Drittel der Höhenmeter sind dort Geschichte. Es wartet nun nur noch der (bissige) Anstieg von alter B 174 zur Brücke über die neue Bundesstraße und der Schlußhunderter zum Ziel. Das Dazwischen ist Genuß! Selbst die Dittersdorfer Höhe wird nur auf sachte steigendem Weg genommen. Neben einer verhältnismäßig guten Aussicht hält der höchste Punkt der Strecke jede Menge Gegenwind bereit. Jetzt bin ich nicht nur Zugläufer für Ute, sondern auch Windschattenerzeuger ... denn knapp zwei Zentner Leibesfülle bahnen sich nun mal wesentlich schwungvoller den Weg durch den Windkanal, als Otto Normalgewicht es tut. Schön, daß dies auch andere Läufer zu schätzen wissen und sich so in meinen Sog hängen. Gerne doch, vordergründig war dies jedoch für Ute gedacht, welche ich somit immer öfter aus dem Augenwinkel verliere.
Unser gemeinsamer Zieleinlauf erfolgt ohne Hatz auf den Plätzen 23 und 24 nach 51:21 Minuten (Bruttozeit). Nicht der Rede wert, wenn es da nicht dieses Finisherpräsent gegeben hätte: lila Socken. Ich bin irritiert! Glücklicherweise erkennt Klassenkamerad Rene (als glühender Verfechter dieser ungewöhnlichen Farbe im Sportbereich) sofort den Ernst der Situation und tauscht meine Zieleinlaufgabe gegen seine in neongrüner Farbgebung erhaltenen Socken. Danke vielmals! Ich hätte womöglich die Veranstaltung in schlechter Erinnerung behalten - so kann ich mit gutem Gewissen den gesamten Nachmittag (ausgenommen unsere sportliche Leistung) mit einer Eins benoten.
Mit der üppigen, aber etwas ungewöhnlichen Zielverpflegung (Obst, Kuchen, Läufer), sowie alkoholfreiem Bier (vom Veranstalter) und richtigem Gerstensaft (von Rene) überbrücken wir die Zeit bis zur Siegerehrung - denn dort müssen sowohl Rene (3. Platz M45-54) als auch Ute (1. Platz W55-59) hin. Die jeweiligen Altersklassensieger erhalten je ein Handtuch mit eingesticktem Veranstaltungslogo, die Podestplazierten je ein Paar Socken mit der entsprechend eingewebten Plazierung. Mal eine Geschenkidee, die sich abhebt vom sonstigen Allerlei. Bleibt zu hoffen, daß sich der Panoramalauf in dieser Form fortsetzt. Es wäre schade, wenn dies eine einmalige Angelegenheit bliebe.
Standbilderbereitstellung: Tilo Kozlik (3), Siegfried Beyer (1), Thomas Delling (12)