15.08.2015 - 7:05 Uhr - 58,1 km / 790 Hm+ / 790 Hm- (Gruppenlauf)
Taurastein (links im Bild der gleichnamige Turm) + Läufer (rechts im Bild) = "Taurasteinlauf".
Es ist schon etwas ungewöhnlich, wenn der Burgstädter Laufverein, zur Terminierung einer seiner Laufveranstaltungen sich bei Ute und mir nach unserer Verfügbarkeit erkundigt. Schließlich soll der seit März gehegte Mythos "Taurastein" nicht ohne uns stattfinden. In diesem doch recht kurzen Zeitraum ranken sich schon vielerlei Legenden um diesen Einladungslauf, von denen man trotzdem nicht auf den Charakter der Veranstaltung schließen kann, da sie doch das Spektrum zwischen "äußerst brutal" und "Kindergarten-Südbalkon" abdecken.
Fakt ist jedoch, daß es den Taurastein schon vor dem Burgstädter Laufverein gab und das die Rand-Chemnitzer für ihren Lauf zudem einen Denkanstoß aus der Großstadt benötigten. Diesen gab es beim gemeinsamen Lauf zum Rochlitzer Berg und seit dem begannen Frank und Sven sich intensiv mit der Sache zu beschäftigen. Damit diese Planung auch nicht vollends aus dem Ruder läuft, gesellte sich Tilo in diesen Ausschuß. Er und sein Kompagnon Siggi sind ja geradezu federführend, wenn es um die Verwirklichung einer gesunden Mischung von Mutter-Kind-Ausflügen und Ausdauersport geht. Mit ihrem "Rund um Chemnitz"-Klassiker bieten sie einmal jährlich eine sinnvolle Tagesbeschäftigung für Läufer an und das wollen die Burgstädter nun auch in ihrer Gegend etablieren. Dabei soll aber ein unterschiedliches Klientel angesprochen werden und nicht nur der Langstreckenbezwinger. Aus diesem Grund wurde auch der furchteinflößende Begriff "Ultra" aus dem anfangs propagierten Veranstaltungsnamen gestrichen, denn die von Ultras eingesetzte gesundheitsgefährdende Pyrotechnik und die aufwendig gestalteten Choreographien (in Fußballstadien) sind nun mal nicht das Ding aller Sparten der großen Laufsportfamilie - die legen Wert auf variierende Streckenlängen mit unterschiedlichem Anspruch!
Da ich mich ab und zu auch im Revier Burgstädt-Herrenhaide-Höllmühle mit Laufübungen fit halte, wäre es ein-, zweimal fast zum Treff mit dem Streckenerkundungstrupp aus o.g. drei Personen gekommen. Doch was soll das für ein "Läufchen" werden, wenn dabei der Speckgürtel von Burgstädt kaum verlassen wird? Wird etwa der Fluß Chemnitz im Schweizerthal mit seinen markanten Steinblöcken in die Routenwahl einbezogen, um einen anspruchsvollen Lauf im Hochgebirge zu simulieren? Gibt es etwa ein Non-Stop-Gehetze auf einer Endlosschleife vom Burgstädter Markt bis hinauf auf den 39 Meter hohen Taurasteinturm, bis der letzte Läufer umkippt? Was die drei da aushecken, bleibt lange unter Verschluß und bietet somit genügend Raum für die wildesten Spekulationen.
Schwarz-Gelbe Kostümierung in der Überzahl!
Mitte Juli ist dann Schluß mit der Raterei, denn da flattert die exklusive Einladung in Form eines vierblättrigen Kleeblattes via elektronischer Post bei mir ein. Der Taurasteinturm bildet dabei, laut kurz gefasster Ausschreibung, das Zentrum des Geschehens. Von dort starten vier unterschiedlich lange Runden in vier verschiedene Richtungen, wobei jede Runde auf der Aussichtsplattform des ehemaligen Wasserturmes enden sollte. Es ergibt sich somit die Möglichkeit eine, zwei oder gar drei, im optimalen Fall alle vier Runden zu durchlaufen. Damit hat selbst der Kurzstreckler die gleiche Teilnahmeberechtigung am Abenteuer "Taurastein" wie der durchtrainierte Ausdauerathlet, welcher selbst die Distanzen über Marathon nicht scheut. Nur eines sollte keiner der Teilnehmer erwarten: persönliche Bestzeiten, denn es ist als ein Gruppenlauf im 6:30-er Schnitt veranschlagt.
Das "Roadbook" mit detalierten Zeit- und Streckenplänen. Olaf mit Besen- bzw. Schlußfahrzeug.
Der Vorplatz des Turmes dient dabei als Basislager, wo ein Verpflegungsstand aufgebaut sein wird. Hier kann auch gern eine Runde bei kulinarischer Rundumversorgung pausiert werden. Es ist also eine gaaanz entspannte Geschichte - für sage und schreibe 2 Euro Teilnahmegebühr pro Runde. Tja, die Burgstädter scheinen zu wissen, welche Fördertöpfe oder Rettungsfonds es dafür anzubohren gilt, denn selbst dem Laien erscheint diese finanzielle Forderung stark subventioniert - oder wurden hier etwa die Goldreserven des Vereins zur Begleichung aller Rechnungen herangezogen? Was ist nun das Hauptanliegen der Oberen im BLV? Eine Frage, die sich der willige Konsument natürlich nicht stellt, da er ja mit reichlich Angebot für wenig Geld zufriedengestellt wird. Wozu also diese finanzielle Kraftmeierei? Es findet sich keine Antwort auf alles tiefgründige Hinterfragen.
Laufen und Futtern im ständigen Wechsel.
Die Vorbereitung auf den Mitte-August-Höhepunkt in Burgstädt läuft bei Ute und mir auf Hochtouren. Konstanz ist angesagt - kein Nachlassen beim Abwickeln des vorgegebenen Trainingsplanes. Die tägliche Hitze fördert diesen Willen mit dem kontinuierlichen Verschieben von Trainingseinheiten vom nächsten auf den übernächsten Tag in die nächste Woche. Immerhin zwei Laufeinheiten á 7,5 und 10 Kilometer kann ich seit dem Südtirol-Ultra anbieten, bei Ute ist es unbedeutend mehr. Dann sind wir eben maximal ausgeruht - gehört ja auch irgendwie zum Training!
Wobei ich doch noch zwei Zeiten in der Woche zu Buche stehen hatte. Da wäre zum einen die unmeßbare Sprinteinheit bei der Jungwuchspflege im Geringswalder Forst nach einem Sensentreffer im Wespennest, verbunden mit den rhythmischen Schlagbewegungen Richtung Unterschenkel, wo sich ca. 30 Schwarzgelbe (vergeblich) in meiner Arbeitshose festgestochen hatten. Und jene 1:52:38 beim Telefonat mit Jens (dem Fußballexperten), mit dem man über alles diskutieren kann, nur eben nicht über fußballerisches Grundwissen. Deshalb kamen auch meine gutgemeinten Absichten zu seinem Wiedereinstieg in die Monotonie des Läuferlebens viel zu kurz und eine für den Zeitraum des Anrufes vorgesehene Trainingseinheit mußte (wiederum) ersatzlos gestrichen werden.
Eine Streckenverkürzung, wegen der subtropischen äußeren Bedingungen, gibt es laut Veranstalter nicht - so war es im Vorfeld zu erfahren. Doch da sollte man nicht zu sicher sein, denn oft gilt heutzutage ein klares "Ja!" nicht unbedingt als Zustimmung oder Bestätigung. Daher (und so wird es allerdings von mir auch erwartet) ist eine Anreise meinerseits zu Fuß nach Burgstädt eine Alternative um eventuell später fehlende Distanz wieder auszugleichen. Ich müßte dafür aber schon kurz nach 4 Uhr das Haus verlassen, aber das will doch kein normaler Mensch! Ute untermauert diese These ebenfalls und so kommt es am frühen Sonnabendmorgen zur spießbürgerlichen Anreise mittels VW Caddy. Daher kann ich bei der Ankunft meinem Burgstädter Gegenüber zur Begrüßung auch kaum in die Augen schauen. Einzig Steffen findet in dieser mir hochpeinlichen Situation die passenden Worte: "Eine Anreise zu Fuß verbietet ganz einfach der Respekt vor der Veranstaltung!" - recht hat er und ich dulde hier auch keine Widerrede!
Der Erntekönig, zumindest im Leerfressen der Brombeersträucher.
Das übliche Begrüßungszeremon zieht sich bei rund 20 Personen, die sich zur frühen Stunde vor dem Taurasteinturm tummeln, natürlich in die Länge. Zudem ist die Teilnahmegebühr für die bevorstehende Rundendreherei im vollen Umfang ins gefräßige Vereinssparschwein zu entrichten - da kommt auch kein Geld wieder raus, selbst wenn man im Verlauf des Tages (schon bezahlte) Runden aussetzt. Die schwächelnden Teilnehmer werden somit die stark minuslastige Veranstaltungsrechnung, mit ihren läuferisch nicht abgerufenen Beiträgen begleichen. Darüber verliert Frank bei seiner Begrüßungsrede kein Wort, er schweift dafür lieber in die übliche Schulterklopferei und Lobhudelei ab und vergißt dabei in seinem Redeschwall die für 7 Uhr angesetzte Startzeit.
Es geht also schon mal mit einer Verspätung los! Schneller wird deshalb aber auch nicht die erste Runde, welche den südöstlichen Ausläufer darstellt, in Angriff genommen. Neben 15 Burgstädter Vereinsläufern sind (als Gäste) der vereinsneutrale Tilo, Postsportler Gunter und wir zwei "Limbacher" im geschwätzigen Pulk dabei - eskortiert von "Besen-Radfahrer" Olaf.
Schon nach wenigen hundert Metern laden die ersten Brombeersträucher zum Probieren ein. Ich nutze, entgegen der restlichen Teilnehmer, diese Möglichkeit des zweiten Frühstücks, verliere dadurch aber auch den Anschluß an die Truppe. Diesen Rückstand regelt wenig später der geschlossene Bahnübergang Hänflingsberg. Dort stehen sie nun und halten mit schüttelnden Bewegungen ihre Beinmuskulatur auf Betriebstemperatur - sind ja bisher nur 18°C heute! Ich geselle mich unbemerkt dazu und beteilige mich an der aufkommenden Kritik über diesen Zwischenstop.
Bahnübergang Hänflingsberg: 2x bremst uns hier der Schienenverkehr (Regio- bzw. City-Bahn) aus!
Zwischen Sportplatz Herrenhaide und Murschnitz ist von Frank an einer Lichtung ein kleines Getränkelager eingerichtet - Wasser und Apfelschorle sind an einer Bank deponiert. Welche Rolle jedoch der ältere Herr dort spielt, erfahre ich auch nur lückenhaft, da ich im hinteren Teil der Gruppe mit Steffen und Tilo erst nach Klärung des Sachverhaltes am Verpflegungspunkt ankomme. Wollte der Typ unsere Trinkflaschen wirklich nur sichern (wie er beteuerte) oder wollte er sich damit den Sonntag versüßen (sprich stehlen)? Ein beigefügter Zettel ("Läuferverpflegung - bitte liegen lassen. Danke!") müßte normalerweise als Gedächtnisstütze für den unverhofften Finder reichen, denn beim Diebstahl dieser Getränke nimmt er ein Dehydrieren und damit verbundene körperliche Schäden der Sportler billigend in Kauf. Das hätte man ihm klipp und klar so sagen müssen, damit ihm die daraus resultierenden Gewissensbisse in den nächsten Tagen doch noch zu einer Selbstanzeige bei der Polizei bewegen werden.
Über Köthensdorf und Taura biegt die Strecke wieder am oberen Teil des Burgstädter Wettinhains ein. Zum Taurasteinturm sind es jetzt nur noch ein paar Stufen, deren Abstand jedoch sehr läuferunfreundlich angeordnet sind. Daher empfiehlt sich die angrenzende (gepflasterte) Wasserrinne zum finalen Sprint an die mittlerweile professionell errichtete Verpflegungsstation. Ein Auszug aus der Speisekarte verdeutlicht hierbei eindrucksvoll die (von mir vermutete) Disbalance zwischen Startgebühr und Angebot: in Alufolie gehüllte Knusperflocken (von Zetti), Gurke (grün oder gewürzt), Speckfettbemmen (beamtendeutsch: Schmalzbrote), Paprika (meist in gelb), Bananen (Ladenhüter!), Äpfel (im Stück oder mit Wespen), Zitrone (sauer), Salz (weißes Gold), verschiedene Kuchen- und Tortenkreationen (in Handarbeit hergestellt), alkoholfreie Getränke (verschiedenfarbig) und Bier (lauwarm oder gekühlt).
Daraus ergibt nun folgender Dialog zwischen mir und einem Burgstädter Offiziellen: "Bier? Kann ich mir da jetzt schon eins nehmen?", so meine vorsichtige Frage. "Natürlich!", so die erhoffte Antwort. Kurz darauf erfahre ich: "Wir haben auch gekühltes Bier - in den Boxen!". Toll - und warum trinke ich dann ein angewärmtes Bräu? Und was macht der unbeholfen wirkende Typ mit dem leeren Becher neben mir? "Nein, die Flasche trink' ich schon selbst aus! Tilo, Du kannst Dir ruhig ein gekühltes Bier nehmen.". Ich muß jetzt schleunigst die Situation für mich hier auflösen. Zugucken, wie sich andere an frischem, wohltemperiertem Hopfensaft laben, während ich erste Blähungen "veratmen" muß - Nein! Also im Laufschritt hoch zur Aussichtsplattform und die Sicht (noch ohne Dunst) genießen. Am Ausgang hole ich mir noch den ersten (von vier) Stempel für mein Buch, denn jede Turmbesteigung am Ende der Runde wird so von mir für die Nachwelt dokumentiert. Ein gekühltes (alkoholfreies) Bier und ein Stück Kuchen schiebe ich mir noch bis zum nächsten Start, der für 9 Uhr angesetzt ist, hinter die Binde.
= Runde 1: 14.150 m / 170 Hm+ / 170 Hm- (mit Turmbesteigung)
Für den zweiten Start (zur "Königsetappe") machen sich 15 Personen bereit. Der Burgstädter LV nutzte die Pause um mehrfach zu wechseln. So kommen nun "frische" Akteure ins Spiel. Oder wurden etwa nur die Laufhemden getauscht? Das Kommen und Gehen verwirrt, ist aber bestimmt beabsichtigt - schließlich gilt es, eine möglichst hohe Anzahl an BLV-Mitgliedern vorzugaukeln. Dieses Ränkespiel läßt uns vom "LV Limbach 2000" jedoch kalt, denn schließlich tragen wir unsere Mitgliederzahl im Vereinsnamen! Da muß schon etwas Originelleres kommen um Ute und mich zu beeindrucken. Das müssen Frank und Steffen widerwillig schlucken, aber der Versuch war ganz nett.
Frank nimmt für einen guten Schnappschuß Position ein. Diana hat das Ziel erreicht.
Es geht nun in westliche Richtung und die ersten rund zwei Kilometer sind mit denen der ersten Schleife identisch. Erschreckend synchron ist auch der erneute Zwischenstop am Bahnübergang, diesmal wegen der Chemnitzer "City-Bahn". In Burgstädt und Hartmannsdorf sind die Bemühungen, hier einen "Landschaftslauf" ins Leben zu rufen, am deutlichsten zu spüren. Da wurden schnell noch ein paar zu belaufende Nebenstraßen aufgefräst um den Asphaltanteil der Streckenführung zu minimieren - aber: gefräster Asphalt bleibt Asphalt und wird kein flauschiger Waldweg oder hügeliger Bergpfad!
Etwas außerhalb von Hartmannsdorf gelegen, hat Frank den nächsten Getränkestand eingerichtet. Damit es hier keine Komplikationen gibt, hat er das Vereinshaus (?) der schwarzgelben Fußballenthusiasten aus der Landeshauptstadt gewählt. Es ist zwar niemand in deren Zweigstelle, der die Getränke bewacht, aber ein "HOOLS DYNAMO" in großen schwarzen Lettern auf gelben Grund im Innenraum der Schutzhütte sollte doch die benötigte Sicherheit geben, sich hier erfrischen zu können.
Kurz darauf führt der Weg unter der A72 hindurch und frequentiert für ein paar Meter Niederfrohnaer Flur. Hier hätte Sven die Strecke gern in Richtung Limbach weitergeplant um dann mit seiner Meute provokativ Limbacher Trainingsstrecken zu zertrampeln. Damit sollte so eine Art Vormachtstellung im nördlichen Chemnitzer Revier manifestiert werden. Dieser Anspruch scheiterte letztendlich an der dadurch ausufernten Distanz, die man dann hätte bewältigen müssen. Im Burgstädter Mediendeutsch wurde dies wie folgt umschrieben: "... Zu Ehren unserer heute anwesenden Limbacher Sportfreunde hatten wir ursprünglich eine kleine Runde durch deren Trainings- und Hoheitsgebiet geplant um ihnen einen heimischen Moment (im vom Burgstädter Laufverein dominierten Teilnehmerfeld) zu gönnen. Aufgrund der daraus resultierenden Streckenstreckung um mehrere Kilometer sahen wir uns leider zu einem Umdenken in diesem Punkt gezwungen ...".
Renaturierte Streckenabschnitte und perfekte Streckenmarkierung sind im urbanen Bereich Pflicht!
Mit der kurzzeitigen Unterquerung der Autobahn wurde der westlichste Zipfel des Taurasteinlaufes absolviert. Der Rückweg führt am Grützteich vorbei, der bei der aufkommenden Mittagshitze zum Erfrischungsbad einlädt. Dank fehlender Handtücher müssen wir allerdings auf diesen Luxus verzichten und stellen es uns daher nur bildlich vor, wie vier der mutigsten Personen aus unserem Kreis im Wasser ihre Bahnen ziehen, denn über dem Teich lastet zudem ein amtliches Badeverbot, welches wir nicht mißachten möchten. Durch diese Träumerei geht leider viel Zeit verloren, die bis zum Taurastein auch nicht wieder egalisiert werden kann. So wird dann die Pause im Epizentrum des Laufes etwas kürzer ausfallen, damit der Zeitplan nicht durcheinander gerät.
Deshalb schiebe ich auch kurz vor Mühlau noch eine ausgedehnte Pause an einem Brombeerstrauch, oder besser gesagt an einem Brombeerwäldchen, ein. Dort ist die ortskundige Bevölkerung sogar mit Setztreppen zugange um die weiter oben befestigten Früchte zu ernten. Gegen diesen professionell agierenden Trupp bin ich natürlich klar benachteiligt und muß nach geraumer Zeit das Feld räumen, zumal ich auch den Sichtkontakt zum Feld verloren habe. Zum Glück wartet Sven an der B95 auf die Nachzügler um sie durch das Gewerbegebiet zu lotsen.
Ein langgezogenes Teilnehmerfeld verteilt sich anschließend auf den steinigen Wegen über die abgeernteten Felder zur Burgstädter Reithalle. Auf dem weiteren Weg über Markt und Wettinhain flattern die ersten Abmeldungen für die bevorstehende dritte Runde ein. Gestandene Männer und Frauen knicken reihenweise (unter der Last von Distanz und Wärme, der kleinen Zimperlein am Bewegungsapparat und auch der Bequemlichkeit halber) weg, wie Füße beim Bänderriß. Während beim Ausrichterverein deshalb keine Not besteht, da genügend weitere Mitglieder auf ihren Laufeinsatz warten, erwischt es mit Tilo auch einen aus der nur vier Personen umfassenden Gästeliste. Er hatte sich durch seinen Einsatz eine Verkürzung seiner Probezeit als BLV-Mitgliedschaftsanwärter erhofft - er stand mit seinem Ersuchen quasi schon im Vorzimmer von Vereinschefin Jeanette und nun dies! Er ist sicherlich am meisten enttäuscht, da sich nun seine Probezeit mit den dafür abzuleistenden Frohndiensten wieder verlängern wird.
= Runde 2: 18.780 m / 235 Hm+ / 235 Hm- (mit Turmbesteigung)
Dieser "unfreiwillige" Stop hat natürlich auch seine angenehmen Seiten. Die im Schatten postierten Sitzgelegenheiten mit genügend Zugriffsmöglichkeiten auf die reichliche Verpflegung - das muß sich nicht unbedingt negativ auf die Psyche auswirken.
Baden ist im Grützteich verboten, ebenso das "große Geschäft" - Schwimmen und Kauern jedoch nicht!
Runde Nummer drei fühlt nun in nordwestlicher Richtung, nach einer wiederholten Marktüberquerung und dem Passieren der Reithalle auf Straßen- und Waldabschnitten bis zur Zwickauer Mulde vor. Durch das idyllische Brauselochtal wird dann der auf einem Spielplatz eingerichtete Verpflegungspunkt vor den Toren von Heiersdorf angesteuert. Es gibt hierbei wieder die üblichen Getränke. Allerdings hat sich Frank (der diese Runde aus organisatorischen Gründen nicht bestreiten kann) nicht lumpen lassen und hat dem Besenfahrzeug eine Flasche Hopfenbrühe mitgegeben, damit die Berichterstattung meinerseits nicht allzu kritisch ausfällt. Demzufolge verbietet es sich mir nun über die gravierenden Mängelerscheinungen bei der Planung und über die barsche Durchführung des Taurasteinlaufes wahrheitsgemäß aufzuklären. Der stellenweise autoritär geführte Ablauf dieser Schleife durch den "Commander" Sven ("Wer vor dem Commander läuft, gibt einen Kasten Bier aus!"), bleibt daher unerwähnt. Ich werde ebenso nicht aufführen, daß sich ein Großteil der Läufer an den Brombeersträuchern oberhalb Mohsdorfs satt essen mußte, um ein drittes Mal den Taurastein überhaupt erreichen zu können.
Burgstädt präsentiert sich menschenleer - der Lauf wird (noch) nicht von der Bevölkerung angenommen.
Die Zahl der Turmbezwinger wird von Mal zu Mal weniger und auch der Drang der übrig gebliebenen Treppensteiger benötigt eine gewisse Anlaufzeit, da es sich am Fuß des Turmes (wegen des Imbißes) wesentlich besser aushalten läßt. Ich muß jedoch die 163 Stufen hoch, damit ich mir nach erfolgtem Rundgang unten am Einlass den dritten Stempel ins Buch drücken kann.
= Runde 3: 13.720 m / 185 Hm+ / 185 Hm- (mit Turmbesteigung)
Mittlerweile ist neues Personal am Turmeingang postiert. Da bedarf es meinerseits wieder genügend Aufklärungsarbeit, warum ich denn so oft ein und denselben Stempel benötige.
Störche warten am Stadtrand auf "ihren Einsatz"! Kühe verstopfen die Laufbahn!
Nun geht es in die letzte Runde. Die Rekonvaleszenten sind wieder mit dabei - sichtlich erholt und gut genährt präsentieren sie sich den anderen Teilnehmern dieser Etappe, die das nordöstliche Gebiet vom Taurastein zum Chemnitztal abdeckt. Damit dieser Schlußakkord etwas harmonischer verläuft, wie der streng geführte Vorgänger, versichern mehrere Gesetzesübertreter dem "Commander", ihre Bierkastenbringeschuld bereits beglichen zu haben. Die Ware würde oben am Turm stehen. Noch vor Erreichen des Burgstädter Hallenbades muß daher Sven zur Sicherung "seines" Eigentums kehrt machen. Eine andere (logische) Erklärung für sein plötzliches Verschwinden habe ich von den dafür zuständigen Stellen nicht erhalten!
Mit natürlichen Hindernissen verbaute Pfade und "Downhills" mit bis zu 50% Gefälle.
Über Mohsdorf geht es nun auf Wiesenwegen hinab ins Chemnitztal. Durch Schweizerthal und Taura gelangen wir auf den neu entstehenden Radweg, den ehemaligen Bahndamm. Kurz hinter der ersten Bahnbrücke über die Chemnitz befindet sich, mit ein paar Holzpaletten ausgestattet, der Verpflegungspunkt der Runde. Danach steigt ein Pfad durch eine Kuhweide hinauf nach Köthensdorf, über breitere Feldwege gelangen wir schließlich nach Taura. Als der Sichtkontakt zum Ziel hergestellt ist, begleitet uns, vom Taurastein kommend, Dudelsackmusik auf unserem letzten Kilometer. Ein großes Empfangskomitee mit Dudelsackbläser steht am Schützenhaus bei unserem Eintreffen bereit.
Das Motiv der kreischenden Masse ist Tilo ein Foto wert. VIP-Verpflegung am Taurasteinturm.
Alle verfügbaren Zuschauer, Helfer und Läufer nehmen zu guter Letzt gemeinsam die Stufen zur Aussichtsplattform des Taurasteinturmes. Es ist daher ein emsiges Treiben im Treppenaufgang zu verzeichnen. Genug Zeit für mich, das Bier noch auszuschlürfen und sich hinten einzureihen. Im Augenwinkel bekomme ich jedoch hinter mir mit, wie zwei Personen ein Holzgestell und etwas Kleinkram im Turm nach oben schleppen. Wird wohl nicht so wichtig sein, sage ich mir und vergesse diese Situation in meiner Bierseeligkeit auch ganz schnell wieder.
Etwas Unordnung herrscht dann zwar schon, als unter dem Dach des Turmes noch ein Mannschaftsbild geschossen wird, aber sonst deutet alles auf ein eher unspektakuläres Ende der Veranstaltung hin. So wie etwa die heutige Temperaturentwicklung, die man an der Meßstele der Turminnenseite ablesen kann - da hatten die vier Aufenthalte folgende meßbare meteorologischen Begleiterscheinungen: 19°C - 21°C - 21,5°C - 19°C (nur der Statistik halber erwähnt!).
Für ein perfektes Mannschaftsbild ist noch allerhand Übung notwendig!
Richtig warm ums Herz wird es einem dann beim Abstieg. Festliche Musik dringt durch das Turmgewölbe und in der Galerie des Gebäudes hat ganz Burgstädt Platz genommen um auf den Bummelletzten der Turmbesteigung zu warten. Das von mir zuvor registrierte Holzgestell entpuppt sich als Schreibpult, welches in der Mitte des Raumes installiert ist, der undefinierbare Kleinkram sind ein Stück Papier, ein Tintenfaß und ein Federnkiel. Es paßt zu dieser filmreifen Inszenierung, daß der ahnungslose Hauptdarsteller auch zuletzt die Stufen in diesen Raum herunterkommt: es ist der verdutze Tilo. Er darf nun (alternativ: er muß nun) seinen Antrag auf Mitgliedschaft beim Burgstädter Laufverein "via destinatum" zeichnen. Überwältigt von der riesigen Anteilnahme der Burgstädter Bevölkerung an diesem historischen Ereignis setzt Tilo seinen Wilhelm in Form von Fingerabdruck und drei Kreuzen auf das ihm nicht vorgelesene Pamphlet.
Eine Vertragsunterzeichnung die dem BLV allerhand Scheine gekostet haben dürfte, rechnet man nur die heutigen Ausgaben einmal gegen. Jedenfalls haben sich die Burgstädter (weit vor Ablauf der Wechselfrist Ende August) einen bestens auf Chemnitzer Trimm-Dich-Pfaden ausgebildeten Athleten geangelt, der seinem neuen schwarzgelben Laufbekleidungsgeber bestimmt noch viel Freude bereitet. Wie groß der Hype um den spektakulären Neuzugang in Burgstädt und Umgebung sein wird, wird das erste offizielle Training mit ihm zeigen. Noch nie herrschte so eine Euphorie in dem kleinen Städtchen und die Zuschauer werden zum Trainingsauftakt dem BLV die Reithalle einlaufen. Es sind die Augenblicke, die Tilo genießen sollte! Denn allzu schnell hat der Alltag ihn wieder.
= Runde 4: 11.450 m / 200 Hm+ / 200 Hm- (mit Turmbesteigung)
... und dieser Alltag beginnt nun mal mit dem Aufräumen der Hinterlassenschaften der heutigen Veranstaltung. Da wird jede Hand gebraucht! Willkommen im Vereinsleben!
Er hat es in den elitären Kreis des Burgstädter LV geschafft: Tilo bei der Vertragsunterzeichnung.
Erst nachdem alle Spuren beseitigt wurden, kann die Freiluftdusche unterhalb des Bistros im Wettinhain in Beschlag genommen werden. Danach findet noch ein gemütliches Beisammensein bei Speis und Trank statt. Tilo verzichtet hierbei, trotz mehrfacher und eindeutiger Aufforderungen, auf eine Rede zu seinen Zielen und seinen Emotionen. Das könnte man ihm ja zur Not noch verzeihen, aber die Zeche für alle nicht begleichen zu wollen, ist schon dreist. Hier steht ihm allerdings sein neuer Verein hilfreich zur Seite und bezahlt zumindest die feste Nahrung. Als daraufhin Tilo sich weigert die verbleibenden Getränke zu übernehmen, eskaliert die Situation und jeder zückt brav sein Portemonnaie um einen Eklat zu vermeiden. Kann sein, daß deshalb manch' Läufer mit dickem Hals nach Hause geht - Ute und mir hat es jedenfalls gefallen!
Lehnt Euch beruhigt zurück, Frank und Sven! Das habt ihr fein gemacht!
Der Burgstädter LV hat heute mit aller Macht demonstriert, wie man sich neue Vereinsmitglieder beschafft. Da wird der Hunderter nicht dreimal umgedreht, da wird aggressiv zu Werke gegangen, bis sich der Erfolg einstellt. Ein Minus in der Vereinskasse scheint nicht zu entstehen, da Tilo jetzt fleißig (in Monatsbeiträgen) zurückzahlt, was er den Verein gekostet hat. Das nebenbei für alle "Unbeteiligten" ein entspannter Sonnabend mit abfiel, ist positiv erwähnenswert.
Nachfolgend seien noch die Personen genannt, die alle vier Runden überstanden:
Jeanette Irmscher (Burgstädter LV "via destinatum")
Ute Herfurt (LV Limbach 2000)
Gunter Blaas (Postsportverein Chemnitz)
Steffen Steinert (Burgstädter LV "via destinatum")
Thomas Delling (LV Limbach 2000)
Olaf Fischer (Burgstädter LV "via destinatum" / Fahrradbegleitung)