28.10.2018 | 10:05 Uhr | 21,0975 km | 45 Hm+ | 45 Hm- |
Letzter Sonntagmorgen im Oktober: durch die (ach so böse) Zeitumstellung wird u.a. auch mir eine Stunde mehr Zeit zum Aufstehen gegeben. Und diese Stunde brauche ich auch, denn meine periodisch im Frühjahr und Herbst auftretenden Rückenschmerzen melden sich mal wieder über Nacht in heftigerer Form und erschweren diesen alltäglichen Vorgang doch recht zeitintensiv. Sicherlich gibt es daher bessere Rahmenbedingungen, um mal wieder eine amtlich vermessene Halbmarathon-Distanz in Angriff zu nehmen. Doch diese unnützen Begleiterscheinungen ahnte ich ja bei der Anmeldung zum Glauchauer Herbstlauf noch nicht.
Im Vorjahr fiel der 32. Herbstlauf einem Orkan zum Opfer und rund 2.500 vorgemeldete Läufer und das Organisationsteam guckten damals in die Röhre. Die für 2017 neu ausgeschriebenen Streckenführungen konnten zwei Wochen später bei einem sogenannten "Herbst-Frustlauf" ohne Wettkampfcharakter erkundet werden - 280 Läufer nahmen dabei dieses kurzfristige Angebot an. Neben dieser Streckenänderung ist für dieses Jahr die Einführung einer Brutto-Netto-Zeitnahme vorgesehen, was aufgrund der Massen schon längst überfällig ist. Die Regeln sind dabei klar: die Bruttozeit ist für die offizielle Rangordnung maßgebend, die Nettozeit dient mehr oder weniger dem privaten Gebrauch, wenn es z.B. um persönliche Bestzeiten geht ... und diese haben wir beide hier in Glauchau mal (mit der damals üblichen Bruttozeit) aufgestellt. Lang', lang' ist's her! Vielleicht kann ja Ute in ihrer derzeitigen Form ihre 2011 erlaufene Bestzeit von 1:42:19 Stunden auf dem neuen Kurs verbessern? Dann aber höchstwahrscheinlich ohne meine Hilfe, denn ich suche mir schon mal, wegen meinem Rückenleiden, Mitstreiter, welche so um die zwei Stunden unterwegs sein werden.
Es herrschen optimale Bedingungen rund um die Sachsenlandhalle - der Himmel zeigt sich wolkenverhangen, es weht ein nicht zu aggressives Lüftchen und die Thermometeranzeige bleibt im mittleren einstelligen Plus-Bereich hängen. Die Erwärmungsrunde habe ich zwar auch schon besser gemeistert, aber ein Kneifen gibt es jetzt nicht mehr. Wir ordnen uns in die hinteren Reihen des Startblocks ein, da ja keine Wunderdinge zu erwarten sind. Ich werde versuchen, so lang wie möglich mit Ute Schritt zu halten. Wenn es der Rücken dann nicht mehr zuläßt, kann ich mich ja auf die Zwei-Stunden-Läufer zurückfallen lassen - so der Plan.
Der Anfang ist, wie immer in Glauchau, behäbig! Die ersten zwei Kilometer durch das Aue-Center bringen Ute und mich, nach unzähligen Begrüßungsritualen, nach vorn in unseren angestrebten Tempobereich. An der Flutrinne der Zwickauer Mulde geht es nun nach Niederschindmaas, wo der übliche Bogen durch den Ort gelaufen wird. Die Verpflegungsstation nach vier Kilometern lassen wir links liegen, da wir gerade gut in Fahrt sind. Danach geht es über die 2017 als Neubau fertiggestellte Wernsdorfer Muldenbrücke, welche zuvor sieben Jahre nicht passierbar war. Auch den folgenden VP lassen wir aus - ein Halbmarathon muß auch ohne Verpflegung gehen! Ein kurzer knackiger Anstieg in Wernsdorf gibt die wenigen Höhenmeter der Runde in die Aufzeichnung der Uhr, ehe es langgezogen zum Stausee geht. Wo es mir möglich ist, versuche ich den Asphalt zu meiden und auf das Bankett auszuweichen, zudem habe ich seit langem mal wieder ein paar gedämpfte Schuhe am Fuß (Hoka Clifton), damit mein Rücken mir dieses Bemühen mit Durchhaltevermögen dankt. Und er tut es auch! Längst ist klar, daß ich hier Ute ziehen kann und nicht 'ne schmerzverzerrte Zwei-Stunden-Runde absolvieren muß! Wohldosierte Bewegung hilft eben am besten gegen Rückenschmerzen - ich darf mich nur nicht verkrampfen und "zu schnell" werden, dann geht das Ganze erwartungsgemäß nach hinten los.
Die nächsten Verpflegungstische stehen am Ein- bzw. Ausgang vom Gründelpark. Während wir nach 9,9 Kilometern in Richtung Park abbiegen, kommen uns die beiden ersten Läufer schon wieder entgegen. Sie haben dabei rund fünf Kilometer mehr in den Beinen und sind natürlich wesentlich flotter unterwegs. Aber auch wir bummeln nicht und geben unser Bestes. Dabei versuche ich mit permanenten Schulterblick, Ute in meinem Windschatten zu halten. Gespräche gibt es heute nicht, maximal Monologe - heute ist Bestzeitenwetter und das will genutzt werden! Wir rasseln aber nach Gefühl unser Programm 'runter. Es gibt nicht einen Blick auf die Uhr und damit auch keine Hochrechnungen meinerseits. Ute scheint eh am Limit zu sein, was soll ich da noch das Treiben zusätzlich noch verrückt machen?
Von Wehrdigt aus geht es nun zurück zum Stausee und weiter nach Wernsdorf ... über die neue Brücke, auf gewohnter Route nach Niederschindmaas. Nun ist alles etwas kürzer, als auf dem Hinweg - der Bogen durch den Ort und später der Abschnitt nach der Flutrinne. Am 20er Schild bleibt meine Frage, nach einer Tempoverschärfung zum Ziel hin, von Ute unbeantwortet. Ein klares Zeichen, hier nicht weiter an der Uhr zu drehen. Also im gewohnten Trott (und der ist nach späterer Auswertung der Uhren-Aufzeichnung erschreckend gleichmäßig!) weiter. Wir biegen auf die Zielgerade ... Neiiiiiiiin, die 1:40 prangt schon auf der Uhr am Zielgerüst! Ich hatte gehofft, das Ding hier unter hundert Minuten zu beenden, aber da hätte ich wahrscheinlich auch mal unterwegs die Uhr zu Rate ziehen sollen und nicht erst 80 Meter vorm Ziel. Es ist egal - Ute freut sich so und so über ihre neue Halbmarathon-Bestzeit (1:40:48 h brutto / 1:40:23 h netto). Obendrauf gibt es noch den Altersklassensieg - Nummer 4 in Folge!
Während Ute noch die Siegerehrung und die Auslosung der reichlich bestückten Tombola mitnimmt, befinde ich mich schon wieder auf dem Heimweg. Schließlich will ich als ständiger Verlierer im sportlichen Leben auch mal auf der Siegerseite stehen ... den passenden Rahmen dafür gibt es derzeit im Chemnitzer Fußballsport. Da kommt man sich im Stadion schon regelrecht wie ein kleiner FC-Bayern-Fan vor - Siege über Siege. Langweilig? Keinesfalls! Auch heute enttäuschen mich meine himmelblauen Lieblinge nicht, auch wenn mit Neugersdorf als Gegner nicht gerade das ganz große Kaliber aufgefahren wird, freut man sich trotzdem über den 14. Sieg im 14. Punktspiel. So hat auch für mich dieser Tag ein sportlich gutes Ende.