19.04.2020 | 11:15 Uhr | 43,5 km | 945 Hm+ | 945 Hm- | (Trainingslauf) |
Fünf Wochen nach der fünften Einsiedel-Umrundung folgt nun etwas still und leise deren Nummer 6. Mittlerweile ist es ja auch gar nicht mehr erlaubt, sich Mitstreiter für solche Unternehmungen einzuladen, denn nur der eigene "Hausstand" darf noch die bestehenden Ausnahmen der Ausgangssperre bereichern - Sporttreiben gehört glücklicherweise (neben Arbeit und Lebensmitteleinkauf) zu diesen Privilegien, wenn auch in Sachsen nur noch im abgesteckten Aktionsradius von 15 Kilometern, bezogen auf die Wohnanschrift.
Natürlich nimmt man diese Einschränkungen geduldig wohlwollend in Kauf, schließlich sind die dafür ermächtigten Entscheidungsträger stets auf unser aller Wohl fixiert und meine Kenntnisse in Sachen Virologie eher etwas mau, um deren Handlungen hundertprozentig nachvollziehen zu können. Daher gilt mein volles Vertrauen diesem Kompetenzteam, welches nur aus einer handvoll Experten mit grob übereinstimmender Meinung zu bestehen scheint, denn zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei und wertvolle Zeit, sich mit abweichenden Thesen herumzuschlagen, kann man bei so einem heiklen Thema nun nicht auch noch vergeuden.
Dittersdorfer Höhe (553 m) / Mühlberg (509 m) / Fliegenpilz (570 m)
In der Zwischenzeit wurden von übergeordneter Stelle die restlichen saisonalen Sporthöhepunkte erwartungsgemäß auf den Index gesetzt. Neben dem Berufsverbot der geliebten Ballsportarten gehörte allerdings auch der (läuferische) Besuch des Fichtelberges an den Osterfeiertagen dazu, da sich dieser nun mal außerhalb der uns verordneten Bannmeile befindet. Auch das jährliche Älterwerden (anhand von Zahlen) war indirekt Bestandteil dieser allumfassenden Streichliste (und somit, wie so vieles, zwangsläufig auf das Folgejahr verschoben). Da gab es dann nur einen Spaziergang zu einer ehemaligen Skisprunganlage in Chemnitz-Markersdorf (ca. 20 km), als den obligatorischen "großen Ausflug" zu einem Eckpfeiler der eigenen Lebensgeschichte. Straffe Wanderungen um Einsiedel (ca. 30 km) oder um Chemnitz (ca. 55 km) ersetzten wegen der sportlichen Perspektivlosigkeit die dafür bestimmten "langen Läufe" im März und April. Das Schöne an dieser Art der Bewegung ist das Entdecken von alternativen Wegführungen und "Sehenswürdigkeiten" unweit des Wegesrandes in einem Gebiet, welches man besser als die eigene Westentasche zu kennen scheint. So war auch der abgespeckte Osterspaziergang zum Jahnsdorfer Fichtelberg (ca. 32 km) mehr von Spurensuche und Entdeckungen geprägt, als von sportlichen Anforderungen. Deshalb sollte diese Bergkuppe (485 m) wenigstens als namentliches Highlight der nächsten, im Laufschritt stattfindenden Einsiedel-Umrundung herhalten.
Da der Marathonlauf "Rund um Einsiedel" verpflichtend mindestens 1.000 positive Höhenmeter enthalten sollte und dessen Ausdehnung noch nie so weit gen Westen führte, war dieses "Kilometer Vertikal" von Beginn an recht vage, weil höhenmeterbringende Schlaufen nicht vorgesehen waren. Dafür sollte es nun eine Art "Gipfeltour" werden. Das heißt, sämtliche greifbaren, namentlich erwähnten Anhöhen am Wegesrand mitnehmen und so auf den Tausender hoffen. Wenn dies nicht gelingen sollte (was bei Gipfelhöhen im vier- und fünfhunderter Bereich nicht abwegig ist), wird dieser Lauf gnadenlos in die Kategorie "Mutter-Kind" zurückgestuft und als lapidare Wellness-Einheit abgetan.
Kemtauer Felsen (591 m) / Taubenstein (489 m)
Entlang der Straße von Altchemnitz Richtung Erfenschlag laufend, wird in Höhe Stiefelmühle ein unscheinbarer Pfad zum Reichenhainer Mühlberg-Wohngebiet genommen und später zum ehemaligen Erfenschlager Sommerbad abgestiegen. Auf der Steinberglauf-Strecke wird nun der namensgebende Berg, der Steinberg (oder auch Schusterberg genannt) ins Visier genommen. Mit seinen 429 Metern hat er zwar auch nur einen eher symbolischen Wert vorzuweisen, zumal der nachfolgende Streckenabschnitt ein paar Höhenlinien mehr auf die Landkarte zeichnet. Er ist jedoch ein schöner Aussichtshügel auf das Zwönitztal und die dahinterliegenden Anhöhen. Über Kriegersiedlung und Niederwald, vorbei am Goldenen Hahn und dem Wald-Campingplatz, welche linkerhand die Strecke säumen, gelangen wir zur Dittersdorfer Höhe (553 m) und wenig später zum Mühlberg (509 m).
Nun geht es steil in die Ortslage von Dittersdorf hinab, wo wir oberhalb des ehemaligen Steinbruchs den Gegenanstieg zum Taubenstein in Angriff nehmen. Dieser verbirgt sich in einem kleinen Waldstück und ist mit seinen 489 Metern über Seehöhe auch nicht gerade ein Bergstock, den man unbedingt in seiner Vita stehen haben muß. Ute hatte bisher noch nie von diesem, nach dem ehemaligen Besitzer des Bauerngutes Taube (erste Erwähnung im Jahre 1501: Heinrich Tawbenheyn) benannten Fels etwas gehört - nun hat sie quasi "im Vorbeigehen" dessen Erstbesteigung vorgenommen. Über den, hinter dem Taubenstein liegenden Pestillenzacker (wo im Mittelalter die Pesttoten beerdigt wurden) laufen wir weiter gen Kemtauer Wald, hängen anschließend einen Abstecher zum Fliegenpilz (570 m) dran und machen mit dem Kemtauer Felsen (591 m) Ute's zweiten Premierenberg an diesem Tag fest.
Ein neu gepflasterter Radweg bringt uns über die B95 in den Abtwald, wo wir uns am Tischel (580 m) eine kurze Verschnaufpause gönnen. Danach nehmen wir den Weg hinab nach Burkhardtsdorf, biegen jedoch noch im Wald grob Richtung Gornsdorf/Meinersdorf ab. Auf der gegenüberliegenden Zwönitztalseite am Ortsausgang von Burkhardtsdorf gelangen wir (mit Erlaubnis der Bäuerin) auf fast direktem Weg über Wiesen und durch kleinere Wälder zum Eisenweg (512 m), der die Erzgebirgsnordrandstufe markiert. Dort nehmen wir jedoch nicht die paar angebotenen Höhenmeter zur "Schönen Aussicht" (dem Scheitelpunkt der K8803 von Meinersdorf nach Jahnsdorf) mit, da es sich bei diesem Umweg um ungemütliches "Straßengelatsche" handelt. Die Abkürzung durch das Rollholz zum letzten Berg der Tour, dem Fichtelberg (485 m) ist zudem anfangs beschattet und wesentlich freundlicher zu unseren schon arg geschundenen Füßen.
Rastplatz Tischel / Am Eingang zum Abtwald
Die Bergkuppe ist von keiner einzigen Fichte, dafür von zwei Eichen und ein paar Bergahorn gesäumt. Dazu kommt noch ein Sendemast und ein Hochbehälter, eine neu aufgestellte Sitzgruppe und eine Kunststoff-Bank mit Blick auf das Rollfeld des Jahnsdorfer Flughafens. Einsamkeit pur! Aber die wird wohl auch (aufgrund des Ausgehverbots) auf dem "richtigen" Fichtelberg herrschen.
Fichtelberg (485 m) / Flughafenblick
Der Heimweg ist nun doch etwas beschwerlich. Die Sonne brennt und der Körper dürstet. Auf Asphalt geht es hinab nach Jahnsdorf und an der Bahnlinie entlang nach Adorf. Durch das Waldstück Tiergarten führt unser Weg zum Golfplatz des Wasserschloßes Klaffenbach und über den Harthwald (als letzter vergeblicher Versuch, die 1.000 Höhenmeter doch noch zu erreichen) Richtung Heimat. Jetzt würde ein Abstecher über den Pfarrhübel das Tausender-Ziel noch garantieren, doch dafür fehlt uns beiden schlichtweg der Humor. So belassen wir es bei einem flachen Ausrollen und der Gewißheit, heute nur einen Wohlfühllauf unternommen zu haben.