26.08.2015 - 6:00 Uhr - 119,1 km / 7.260 Hm + / 7.445 Hm -
Über 1.800 Läufer auf den Spuren der Fürsten von Savoyen (sur les Traces des Ducs de Savoie).
Der TDS (Sur les Traces des Ducs de Savoie) stellt zwar "volumenmäßig" nur eine Art Unterdistanz beim legendären UTMB (Ultra-Trail du Mont-Blanc) dar, ist aber trotz überschaubaren Umfangs kein Selbstläufer. Er ist von der Organisation sogar schwerer als der Hauptlauf über 168 Kilometer eingestuft.
Nach unseren Teilnahmen am UTMB 2011 und 2013, sowie dem PTL 2014 waren wir mit den Prestigeobjekten am Mont Blanc durch. Der CCC (Courmayeur-Champex-Chamonix) und der OCC (Orsieres-Champex-Chamonix) haben bis auf kleine Ausnahmen die gleiche Streckenführung wie der UTMB. Diese Streckenabweichungen haben wir jedoch auch schon unter die Füße genommen, so daß es keinen zwingenden Grund zur Anmeldung zu einem dieser zwei Wettbewerbe gab. Bliebe noch der TDS, welcher (mir unbekannte) Teile des Aostatals, des Beaufortain und der Haute Tarentaise streift. Zumal dieser Wettbewerb in den vergangenen Jahren immer wieder mit abgelehnten Interessenten aus dem UTMB aufgefüllt wurde, war klar, daß man hier mit der geforderten Qualifikation von nur drei Punkten aus zwei Läufen sicher dabei ist.
2014 wurde der Ultra-Trail du Mont-Blanc mit dem OCC auf fünf Laufwettbewerbe erweitert.
Am späten Sonntagnachmittag beziehen wir nach dem Berglauf im schweizerischen Lavey unser stets genutztes Quartier in Praz Coutant. Somit haben wir noch einen Tag "frei", denn am Montag 17:30 Uhr beginnt der Ultra-Trail du Mont-Blanc mit dem Start des PTL (La Petit Trotte à Léon). Dieses Spektakel wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen, da wir selbst im Vorjahr mit Startnummer dabei waren. Das Wetter ist mehr schlecht als recht und somit zieht es uns in der verbleibenden Zeit am Sonntag und Montag in die Sportgeschäfte von Chamonix. Gesucht wird jeweils ein neuer Laufrucksack, da der alte Salomon-Ranzen (damals im Starterpaket vom 2011-er Zugspitz Ultratrail enthalten) nach Dauernutzung so langsam erste Ermüdungserscheinungen zeigt. Gleich beim ersten Versuch werden wir fündig - unsere anfängliche Skepsis dem neuen Produkt gegenüber, zerstreut jedoch der Verkäufer, indem Ute am nächsten Tag ihre gesamte TDS-Pflichtausrüstung zur Probebefüllung des Rucksacks mitbringen solle. Es gelingt ihm tags darauf auch ohne Probleme alle "Dinge des läuferischen Bedarfs" in den Fächern der "Weste" unterzubringen und unsere neuen Wegbegleiter hören nun auf den seltsamen Namen "Salomon S-Lab ADV Skin3 12 Set" und haben erwiesenermaßen genau die richtige Größe für Wettbewerbe wie den TDS.
Je näher der Abend rückt, umso schlechter präsentiert sich das Wetter. Eine halbe Stunde vor dem PTL-Start gießt es wie aus Eimern. Wir haben Schutz unter einem Vordach gefunden, welchen wir nicht wieder preisgeben, denn das Interesse am Vorbeimarsch der "wahren Helden des UTMB" ist auch bei Schlechtwetter ungebrochen. Die Straßen von Chamonix sind überfüllt mit Leuten und kurz nach 17:30 Uhr bahnen sich die ersten der 109 Zweier- oder Dreiermannschaften ihren Weg durchs Gewühl. Das Ende bilden die PIM's, die nach 2013 und 2014 ihren dritten PTL in der selben Besetzung in Angriff nehmen.
Montag, 17:30 Uhr: Start des PTL (299 km / 28.000 Hm+) bei strömenden Regen (re.: PIM's).
Am Dienstag wird es dann für uns langsam ernst - das Abholen der Startunterlagen steht an. Da zu dieser Zeremonie stets viel Zeit einzuplanen ist, reihen wir uns schon kurz vor 12 Uhr (und damit eine Stunde vor Beginn) in die rund 30 Läufer umfassende Wartegemeinschaft ein. Bei hochsommerlichen äußeren Bedingungen ist es zudem im Foyer der Halle noch am erträglichsten. Pünktlich 13:04 Uhr wird dann der Zugang zum Parcour durch die Sporthalle geöffnet. Zuerst wird gegen Vorlage des Personalausweises ein (in der jeweiligen Landessprache verfaßter) Vordruck mit der Auflistung der Pflichtausrüstungsteile ausgehändigt. Darauf sind nach Zufallsprinzip (bei jedem Läufer andere) Sachen markiert. Diese sind nun aus dem reisefertigen Rucksack zu entfernen und per Tablett einem der Kontrolleure zu präsentieren. Mit seinem Stempel, seiner Unterschrift und meinem "Wilhelm" unter der Ethikerklärung auf dem DIN-A4-Zettel erhält man ein paar Ecken weiter seine Startnummer. Es folgt noch die Kenntlichmachung des Teilnehmers mittels Armbändchen und die Aushändigung von Mülltüten und Läufersäcken. Nach einer halben Stunde ist der Durchlauf erfolgreich abgeschlossen und wir können uns nun der Läufermesse auf dem Place du Mont-Blanc widmen.
Startnummernausgabe mit den gewohnt langen Wartezeiten.
An den Ständen der rund 140 Aussteller werden allein 57 Laufveranstaltungen publik gemacht. Desweiteren wird versucht, die übliche Palette der neuesten Trailrunner-Utensilien an den Mann zu bringen. Damit dies auch gelingt, holt man sich meist bekannte Unterstützer zur besseren Vermarktung an den Stand. Einer von ihnen, die heute auf dem Messegelände dem Kunde "beratend" zur Seite stehen, ist der Nepalese Dachhiri Dawa Sherpa, der erste Sieger des UTMB 2003. Er war damals so schnell auf der Mont-Blanc-Runde unterwegs, daß niemand seine so zeitige Zielankunft auf dem Plan hatte und er so unter Ausschluß der Öffentlichkeit seinen Triumph feierte. In den Jahren 2004 und 2008 wurde er Zweiter, zudem gewann er 2012 bei schwierigen Witterungsverhältnissen den TDS.
Da wir aber unser Laufequipment schon beisammen haben, benötigen wir keine weiteren Produktneuheiten - außer: das "Tattoo" mit dem Streckenprofil für den Unterarm! Ein absolutes "must have" zur Selbstgeiselung! Es nimmt während des Laufes jegliche Illusionen, in Bezug auf normales Laufen - es zeigt schonungslos auf: steil hoch oder steil bergab. Die Verpflegungspunkte liegen dabei stellenweise 20 Kilometer auseinander, was im Hochgebirge schon mal vier bis fünf Stunden (bei unserem Tempo) ausmacht. Zur Motivation ist es sicherlich nur bedingt geeignet, es dient eher zum "auf den Boden der Tatsachen" holen.
Den restlichen Tag verbringen wir im Hotel, packen die Säcke mit Wechselsachen für Cormet de Roselend (Kilometer 66) und die Zielankunft in Chamonix, räumen die neuen Laufrucksäcke korrekt ein und legen die Laufklamotten bereit. Wir müssen ja schließlich mitten in der Nacht los. Deshalb ist heute auch zeitig Nachtruhe! So ist zumindest der Plan, aber erst gegen 22:15 Uhr wird das Licht im Zimmer gelöscht. Danach sorgen bei mir die zwei gestellten "Wecker" (Telefon und Laufuhr) auch nicht für die absolute Schlafsicherheit. Zumal der Vollmond seinen Lichtkegel noch genau in unser Schlafzimmer gerichtet hat. So erfolgt im Halbstundentakt eine Überprüfung der Uhrzeit, damit auch ja nichts schief geht. Erlösung geben erst die fast synchron ertönenden Wecksignale gegen 2:15 Uhr.
"Arschgeweih" war früher - heute trägt man das "Tattoo" des Streckenprofils auf dem Unterarm!
Vor der Abfahrt nach Chamonix gibt es noch ein Frühstück, bestehend aus Kaffee und einem "Pain sportif" (ein größeres Brötchen mit Rosinen und Nüssen). Erst gegen 3:10 Uhr kommen wir in Praz Coutant weg - etwas spät, denn ab 3:45 Uhr fahren die Busse nach Courmayeur und Utes Busfahrt ist auf diese Zeit festgelegt, während ich für 4 Uhr reservieren konnte. Diese Zeiten sind jedoch nicht bindend, denn sobald ein Bus voll ist, fährt er ab. Für die Fahrt durch den Mont-Blanc-Tunnel ins Aostatal genügt die Vorlage der Startnummer, eine genauere Identifizierung findet nicht statt.
Im Forum Sport Center, dem großen Verpflegungspunkt des UTMB, versammeln sich nach der dreiviertelstündigen Fahrt die Läufer um die verbleibende Zeit bis zum Start zu überbrücken. Wir haben uns dabei ein kühles Fleckchen auf den Traversen am Eishockeyfeld ausgesucht. Allerdings ist die Kapazität der in der Halle vorhandenen Toiletten nicht den Bedürfnissen der Läufer angepaßt und so kommt es zu längeren Wartezeiten beim WC-Besuch. Dadurch wird es für uns auch knapp, noch rechtzeitig zum Start zu kommen. Vollbepackt hasten wir durch Courmayeur, hinauf zum Start, dem Piazza Brocherel. Von weitem hört man schon, die fast ohne Unterbrechung agierende, markante Stimme von Silvano Gadin, dem Sprecher des Tor des Géants. Zehn Minuten verbleiben bis zum Start und wir müssen noch unsere Läufersäcke für Cormet de Roselend und Chamonix abgeben. Das ist zum Glück am hinteren Ende des abgezäunten Startbereiches. Das heißt aber auch: gaaaanz hinten ins Feld der Läufer einsortieren. Durch eine Lücke im Zaun verringern wir dieses Handicap noch geringfügig, haben aber trotzdem rund dreiviertel der 1.800 Teilnehmer vor uns.
Courmayeur, Piazza Brocherel: Start des TDS
Kurz nach 6 Uhr geht es dann auf die Reise, etwas über eine Minute benötigen wir bis zum Startbogen. Danach ist in den engen Gassen von Courmayeur (1.220 m) nur Wandern mit gelegentlichen Stehpausen möglich. Auf der breiten Straße hinunter zum Dora Baltea entspannt es sich nur minimal und im Gegenanstieg nach Dolonne ist der nächste Stau vorprogrammiert. Nun führt der TDS nicht auf dem Original-TMB (Tour du Mont-Blanc) weiter, denn dieser würde sich auf einem engen Pfad im Wald hinauf zum Plan Checrouit (1.701 m) schlängeln. Das geht bei dem Menschenauflauf natürlich nicht und so wird der etwas breitere Fahrweg für den ersten Anstieg gewählt. Es ist jedoch sehr müßig in diesem Gewühl Plätze gut zu machen. So langsam läßt sich nun auch die Sonne blicken, mit 8°C ist es allerdings noch sehr frisch.
Vor dem ersten Verpflegungspunkt Maison Vieille (1.956 m) wartet noch ein weiteres Nadelöhr auf uns - die manuelle Zeitnahme durch Abscannen der Startnummer. Nach 1:13 Stunden haben wir uns nun eine kleine Stärkung verdient, es herrscht allerdings eine sehr große Nachfrage und somit ist nur ein schweres Herankommen an die Verpflegungsstände. Leider liegen deshalb die geschmierten Honigschnitten auch etwas außerhalb unserer Armreichweite und so können wir uns nur mit etwas Wasser begnügen, bevor wir uns wieder in die Gänsereihe am Ausgang des Verpflegungspunktes einfügen.
Dichtes Gedränge beim ersten Anstieg zum Col Checrouit und am ersten VP "Maison Vieille".
Die nächsten Kilometer werden immer wieder von längeren Zwangspausen begleitet, da auf dem schmalen Weg das Tempo der Vorderen mitgegangen werden muß. Einige halten sich jedoch für besonders schlau und überholen die wartende Läuferschlange durch die angrenzende, noch nasse Wiese, um etwas weiter vorn den nächsten Stau, beim Wiedereinfädeln in die Reihe, zu verursachen. Hier ist Geduld gefragt! Sicherlich nervt die ständige Warterei, aber man hat wenigstens etwas Zeit sich einen Rundumblick zu verschaffen. Das Mont-Blanc-Massiv ist schon in der vollen Sonnenbestrahlung und der Schatten an den anderen Berghängen schwindet immer mehr.
Eine Stunde nach unserem Aufbruch am VP erreichen wir die Zeitnahme am Arête du Mont-Favre (2.435 m). Heute lassen wir keine Aufnahme von uns vor der beeindruckenden Bergkulisse machen, wie wir es 2013 beim UTMB gehandhabt haben. Wir wollen die Position, die wir inne haben, nicht gleich wieder verlieren, denn noch ist keine Unterbrechung in der endlosen Läuferreihe auszumachen und schöne Fotomotive scheint es heute noch zu Hauf zu geben. Vorbei an den verfallenen Almhütten von Arp Vieille Superiore (2.302 m) und Arp Vieille Inferiore (2.070 m) verlieren wir die eben erkämpften Höhenmeter und erreichen den breiten Wirtschaftsweg im Übergang des Val Veny in das Val Lex Blanche. Am Lac Combal (1.970 m) ist für 9:45 Uhr das erste Zeitlimit der Strecke festgelegt. Wir sind trotz des hinderlichen Vorankommens gut im Plan und lassen uns 8:50 Uhr von der Zeitmessung registrieren. Auch hier ist der Verpflegungsstand wieder gut besucht und somit nicht mehr alle Fressalien vorrätig. Daher begnügen wir uns mit Apfelsinenstücken und dem salzigen "St. Yorre"-Mineralwasser.
Frühmorgentliche Lichtspiele.
Kurz nach 9 Uhr verlassen wir die Zelte wieder und haben somit eine dreiviertel Stunde Vorsprung auf die Zeitschranke. Der weitere Weg ist vorerst verhältnismäßig flach und von Bächen gesäumt. Danach geht es natürlich wieder nach oben, da heißt es: Anstellen und Wartezeiten in Kauf nehmen. Ein paar Unbelehrbare müssen sich trotzdem an den unmöglichsten Stellen vorbeidrängeln, um sich danach auf breitem Weg wieder einsammeln zu lassen.
Val Lex Blanche Col des Chavannes
Auf dem Col des Chavannes (2.598 m) gibt es dann das gemeinsame Bild von uns, welches wir am Arête du Mont-Favre weglassen mußten. Einer der am Paß stationierten Helfer lichtet uns nun vor der Aiguille des Glaciers und den Aiguilles de Tré la Tete ab - und das bei Bilderbuchwetter!
Blick vom Col des Chavannes (2.598 m) zum Mont-Blanc-Massiv (rechts).
Auf einer breiten Schotterpiste können wir nun erstmals richtig Fahrt aufnehmen. Das Feld zieht sich nun auf dem langgezogenen Bergabstück weit auseinander. Vorbei an den Almen Chavanne Superiore (2.420 m), Chavanne Inferiore (2.170 m) und Berrio Blanc Inferiore (2.130 m), wo nur ein kurzer Stop am Wassertrog zum Tränken der Mütze eingelegt wird, gelangen wir nach Porassey (1.866 m). Dort biegt die Strecke auf eine steile Wiese, der sich ein kleines Lärchenwaldstück anschließt, hinab zum Torrent des Chavannes. Noch vor der Bachüberquerung erwische ich im Tempolauf unglücklich eine Wurzel und komme auf meinen Ellenbogen zum liegen. Ist aber alles halb so schlimm - keine äußeren Schäden an Mensch und Kleidung, nur der Schmerz begleitet mich noch eine Weile.
Langgezogene Abfahrt im Val de Chavannes. Lac de Verney
Am Abzweig vom Vallon de Chavannes ins Vallon de la Doire de Verney wird es nochmal laut, denn ein Trupp Engländer steht dort zur Unterstützung der (eigenen) Läufer bereit. Eine etwas längere Ruhepause müssen jedoch die Arbeiter einlegen, die am Ausbau des unteren Teils der Fahrstraße nach Barmettes tätig sind, denn heute ist großes Begängnis im Wald, da ist ein Werkeln am Schotterweg schlecht möglich.
Später verlassen wir dann diese Straße und nehmen den parallel verlaufenden Pfad und gelangen so zum Lac de Verney (2.089 m). Diesen haben wir 2014 beim PTL schon im Streckenplan gehabt. Damals kamen wir jedoch aus der anderen Richtung vom Hospice du Petit St-Bernard und hatten nach einer feuchten Nacht endlich wieder einen Sonnentag in Aussicht. Diesen Sonnentag haben wir heute schon die gesamte Zeit. Es ist fast zu warm, aber davor hatten die Veranstalter am Vortag in einer Nachricht aufs Telefon ("Attention risque de fortes chaleurs") gewarnt. Bei mir läuft es daher auch sehr schleppend und ich kann Utes Überholvorgänge kaum mitgehen, d.h. es dauert bei mir, bis ich den richtigen Zeitpunkt zum Vorbeilaufen am Vordermann finde. Das kostet Kraft und diese schwindet bei mir immer mehr. Ein Gel hilft mir dabei, wieder den Rhythmus zu finden.
Am See füllen wir unsere Trinkflaschen auf, obwohl es nicht mehr weit bis zum nächsten Verpflegungspunkt ist. Im Einstieg des folgenden kurzen Anstieg ist für rund 50 Meter, aus Gründen des Naturschutzes, der Stockeinsatz verboten - ein Schild und ein Verantwortlicher weisen darauf hin. Im oberen Teil des mit (Heidelbeer?-)Büschen gesäumten Trampelpfades warten schon mehrere Zuschauer, die unentwegt die Läufer namentlich anfeuern. Bis zum Col du Petit Saint-Bernard (2.189 m) ist es nicht mehr weit und nach 6:25 Stunden treffen wir an den aufgebauten Zelten des Kontroll- und Versorgungspunktes ein. Hier stärken wir uns mit Apfelsinen- und Kuchenstücken, dazu heiße Suppe mit Teigwaren und viel (selbst beigefügtem) Käse. Da der nächste Imbiß erst in 15 Kilometern folgt, nehmen wir noch ein paar (salzige) Riegel als Zwischenmahlzeit mit. Nach 20 Minuten brechen wir, eindreiviertel Stunde vor dem Zeitlimit, auf und verlassen das italienische Aostatal Richtung französische Haute Tarantaise. Stolze 1.415 Höhenmeter werden nun hinab nach Bourg St-Maurice wieder vernichtet.
Wir laufen entlang der Straße zum Hospice, an das wir vom PTL keine guten Erinnerungen haben. Dort biegen wir auf einen stets abwärts führenden Weg, den schon die Römer zu Beginn der Zeitrechnung nutzten, um von Mediolanum (Mailand) nach Lugdunum (Lyon) zu gelangen. Damit auch keiner der Teilnehmer auf die Idee kommt, sich hier mit dem Fahrzeug auf der nahegelegenen Straße ins Tal kutschen zu lassen, ist unterwegs eine Zeitnahme "eingebaut". Wir kommen wieder sehr gut voran und durchlaufen gegen 14 Uhr die Gemeinde Séez (900 m).
Col du Petit Saint Bernard Séez
Auf Straßen oder Fußwegen geht es nun weiter talwärts nach Bourg St-Maurice (813 m). Dort queren wir einen Park und gelangen zur im Stadtzentrum gelegenen Verpflegung. Zuerst werden dort die Flaschen aufgefüllt - so ist es bei uns Gesetz, wenn wir einen VP betreten, damit dies während des Aufenthaltes nicht in Vergessenheit gerät und wir womöglich ohne Trinkbares weiterlaufen. Ute macht ihre beiden Flaschen mit Iso voll, während ich die zwei Behälter mit Wasser fülle - danach tauschen wir je eine Flasche aus und haben somit jeder einmal Wasser und einmal Iso. Danach gibt es noch eine Suppe und etwas Salzwasser, bevor es zum Kontrollpunkt geht. Die Pflichtausrüstung im Rucksack wird überprüft. Vorzuweisen sind das Mobiltelefon, die zwei Stirnlampen mit Ersatzbatterien und die wasserdichte Jacke (mind. 10.000 mm Wassersäule). Es folgt ein kurzer Schwatz mit einem der Zuschauer, der danach noch ein Bild von uns knipst - im Gegenzug will er natürlich ein Foto von Utes Streckenprofil-Tattoo. Kurz vor 15 Uhr verlassen wir die gesellige Runde und haben trotz der viertelstündigen Pause über zwei Stunden Vorsprung auf die Zeitbarriere.
Der nächste Abschnitt wird hart. Bis zum nächsten offiziellen Versorgungspunkt sind es 20 Kilometer. Auf den folgenden 16 Kilometern sind dabei 2.000 Höhenmeter zu absolvieren und das bei rund 30°C. Als Zwischenziel steht Fort de la Platte auf dem Plan - 5 Kilometer mit 1.160 Höhenmetern im permanenten Anstieg folgen. Deshalb nehme ich kurz vor dem Abbiegen ins Gelände noch einen Wassertrog zur Erfrischung in Anspruch, ein Bienenvolk scheint diesen jedoch zu bewachen und so ist mein Aufenthalt an dieser Quelle nur kurz. Es gab aber auch wenige hundert Meter zuvor schon eine Dusche mit dem Wasserschlauch und eine (von uns nicht genutzte) zusätzliche Verpflegung mit Gummibärchen, welche Kinder liebevoll an der Strecke postiert haben.
Bourg Saint Maurice (mit Rucksackkontrolle) Blick vom Fort de la Plate nach Bourg St. Maurice
Nach einem verhältnismäßig langen, aber auch sehr lichten Waldabschnitt verläuft die Zickzack-Strecke auf freiem Felde. Sie ist regelrecht gesäumt von erschöpften Läufern - manche kehren sogar wieder um und beenden somit ihren Lauf. Auf halber Höhe, etwas unterhalb der 1890-er Festungsanlagen Forts du Truc (1.762 m) ist zusätzlich noch ein privater Getränkepunkt eingerichtet, an dem zwei Kinder mit ihrer Mutter alle Hände voll zu tun haben.
Schon von Weitem sehen wir die Mauern der Festung Fort de la Platte (1.976 m). Dahinter vermute ich auf einem Hochplateau einen der "Cinq Lacs" (fünf Seen), die ständig an den Wegweisern angeschrieben sind - natürlich Wunschdenken verbunden mit leichten Halluzinationen. Kein Wunder bei der Sonneneinstrahlung! Gegen 16:45 Uhr stehen wir dann vor den "Toren" der Festung. Es gibt Wasser aus Schläuchen und das ist doch mal ein Lichtblick. Noch besser sogar, es gibt auch Bier, Cola, Saft, Zitronen- und Orangenlimo und Schweppes, auch Kaffee sowie Wurst und Käse - man muß es nur bezahlen. Und dabei sind die Burgbesitzer nicht zimperlich mit dem von der Hitze gezeichneten Sportler. Zum Einheitspreis von je 5 Euro gibt es sowohl das 0,33-er Bier oder die 0,25-er Schweppes-Flasche. Die Nachfrage ist trotzdem groß und der Markt regelt somit die großzügige Preisgestaltung. Nach diesen gut angelegten 10 Euro machen wir uns kurz nach 17 Uhr wieder auf den Weg. Hier ist ab 20 Uhr für die dann ankommenden Läufer Schluß - wir haben also ein beruhigendes Zeitpolster von fast drei Stunden herausgearbeitet.
Hubschrauberweise werden vom Getränkestand Fort de la Platte die Tageseinnahmen ins Tal geschafft!
Jetzt geht es etwas gemächlicher bergauf. Die nächste Spitze im Höhenprofil ist der Col de Forclaz (2.365 m), von dem es hinab zum Fluß Ruisseau de Forclaz (2.320 m) und wieder hoch zu den Lacs de Forclaz (le Cinq lacs) geht. Nur am Lac Esola (2.410 m) kommen wir aber vorbei und biegen danach weiter ins Tal des Torrent de Charbonnet ab. Dort führt ein Pfad auf der anderen Talseite wieder straff hinauf zum Passeur de Pralognan (2.567 m). An der Biwakschachtel der Bergwacht und Zeitmessung gibt es sogar einen kleinen Getränkenachschub. Wir gönnen uns jeder einen Becher Cola, bevor wir uns an den steilen Abstieg ins nächste Tal machen. Hier haben die Bergretter mehrere Seile zur Sicherung der Strecke angebracht und einer von ihnen betet pausenlos in englisch, französisch und italienisch die Formel "Noch vier Kilometer bis zur nächsten Verpflegung" (für die Leserschaft exklusiv in deutscher Sprache) zu den sich herabhangelnden Läufer herunter.
Passeur de Pralognan (2.567 m): zäher Abstieg an extra angebrachten Seilsicherungen.
Danach wird das Gefälle etwas sanfter und geht für die letzten zwei Kilometer zum Cormet de Roselend (1.967 m) in eine breite Schotterstraße über. Das große Verpflegungszelt liegt eingebettet zwischen Grashügeln an einer Straße. Wir lassen 19:55 Uhr unsere Startnummern erfassen und liegen damit im Klassement auf Platz 684 und 685, so zeigt es uns ein Monitor am Eingang an. Hier gibt es auch die abgegebenen Läufersäcke ausgehändigt. Im überfüllten Zelt finden wir sogar noch eine Zwei-Personen-Nische, wo wir uns zwischen Bänken und abgestellten Rollcontainern zur Ruhe setzen. Aus den Boxen ertönt mit Nenas "99 Luftballons" deutsches Liedgut und die Pasta im Zelt wäre das beste Gericht des Hauses, erzählt uns eine Helferin. Davon überzeugen wir uns aber erst später, denn jetzt ist erstmal Fußpflege angesagt. Die gebrauchten Socken werden gegen neue getauscht, die Füße werden wieder neu mit Hirschtalk eingerieben und in die Schuhe kommen neue Einlagen, dazu ein neues Hemd auf den Leib und die Armlinge werden (für die bevorstehende Nacht) zurechtgelegt. Der Großteil der Läufer verwandelt sich dagegen mit langen Hosen, teilweise zwei Jackenschichten, Mütze und gar Handschuhen zu wahren Wintersportlern. Keine Ahnung, wie das funktioniert - bei ca. 15°C, die das Thermometer bei unserem Aufbruch gegen 20:45 Uhr, anzeigt. Um Mitternacht müssen jedenfalls die letzten Läufer hier durch sein, danach ist Schluß. Wir haben, trotz ausgedehnter Pause, nun schon dreieinviertel Stunden zur Zeitschranke herausgelaufen.
Die Dunkelheit setzt langsam ein, aber die Stirnlampen bleiben noch lange ungenutzt, da es wieder auf einer Forststraße bergan geht und der Vollmond diese sehr gut ausleuchtet. Erst beim Einbiegen ins Gelände nutzen wir das Zusatzlicht, denn die zu querenden Wiesen sind durchzogen von Bächen und sehr "uneben". Im Zick-Zack geht es hoch zum Bergrücken Crête des Gittes, wo wir über den Col de la Sauce (2.307 m) ins Vallon de la Sauce absteigen. Wir sind dabei mit drei Franzosen als Fünfergruppe unterwegs, wobei die Führungsarbeit ab und zu wechselt und Ute den Franzmännern zeigt, wie man sich gegenüber auf Wegen abgestellten Kühen verhält - die muß man nämlich nicht weiträumig umlaufen! Oberhalb La Sauce (1.989 m) kommen uns zwei Streckenposten entgegen, die unsere Startnummern abscannen und uns vor der tückischen Glätte des aufgeweichten "Weges" warnen. Kurz darauf gibt es dann auch die von ihnen prognostizierten Ausfallschritte und Stürze.
Entlang des Torrent de la Gittaz übernehme ich dann die Führung des Trupps, der nun (außer mir) nur noch aus Ute und einem Franzosen besteht. Der Chemin du curé verläuft nun immer entlang dieses Wildbaches und ist stellenweise hoch über ihm in den Fels gehauen. An einem Lagerfeuer wärmen sich hier die Streckenposten - mir ist es jedoch immer noch so warm, daß ich die Armlinge gar nicht benötige und weiter "in kurz" laufe. Gegen halb elf treffen wir an den Häusern von La Gitte (1.665 m) ein. Hier ist aber nur eine Zeitnahme und keine Verpflegung. An einem Wassertrog wasche ich mir schnell das Gesicht etwas ab und im Vorbeihuschen werfe ich noch einen Blick in die geöffnete Kapelle Notre-Dame des Neiges, welche 1639 erbaut wurde.
Cormet de Roselend: abholbereite Läufersäcke. Lagerfeuerromantik an einer Alm.
Und wieder geht es hinauf. Während sich auf der gegenüberliegenden Talseite die endlose Stirnlampenreihe nach La Gitte kämpft, sind wir in der Lichterkette zum Col Est de la Gitte (2.322 m) dabei. Rund anderthalb Kilometer unterhalb des Paßes ist ein Kontrollposten eingerichtet. Hier gibt es u.a. das salzige Mineralwasser und die Möglichkeit sich am Lagerfeuer zu wärmen. Es wären nun noch sieben Kilometer bis zum Col du Joly, dem nächsten Verpflegungspunkt. Und diese "nur" sieben Kilometer ziehen sich ewig. Obwohl man vom Grande Pierriere schon lang das Partyzelt vom Joly sieht und hört, nimmt der Weg noch viele Schlaufen und Ecken. Zwar komme ich in der Kühle der Nacht wesentlich besser zurecht, wie am Tag, aber im Anstieg Richtung Col de la Fenêtre (den wir zum PTL von der anderen Talseite nahmen) fordere ich eine kleine "Riegel-Pause" bei Ute ein. Danach geht es zügig weiter und auf dem Wanderweg "Tour du Pays du Mont Blanc", unterhalb der Aiguille de Roselette, haben wir uns (vom PTL) bekannten Boden unter den Füßen.
Ich unterhalte Ute nun mit den Details zu Streckenbesonderheiten und erläutere, anhand der im Mondlicht sich deutlich abzeichnenten Konturen, die Berge um uns herum. Kurz vor dem Paß (1.989 m) empfängt uns eine Familie mit Glockengeläut und aus dem Zelt ertönt Disco-Musik. Es ist der oft zitierte Unterschied von Tag und Nacht, denn als wir im Vorjahr beim PTL hier eintrafen, gab es nur ein spärlich beleuchtetes Zelt, durch das der kalte Nachtwind pfiff. Wir waren damals schon reichlich angeschlagen und hatten uns hier zur Ruhe gelegt, um drei Minuten vor dem Zeitlimit wieder aufzubrechen. Heute läuft das alles viel entspannter ab, da wir wesentlich frischer unterwegs sind, auch wenn die letzte Verpflegungsstelle schon 20 Kilometer hinter uns liegt. Der freundlichen Bewirtung mit Suppe und Kaffee folgt Utes kurze Ruhepause auf einer Holzbank, danach ein intensiver Einsatz der Kuhglocken im Zelt und alles unterlegt mit Tanzmusik. Ute hat sich hier maximal erholt - nach "Reingeschlichen" folgt nun zwanzig Minuten später "Rausgetanzt". Daher muß ich sie an die Ernsthaftigkeit unseres Unternehmens erinnern und sie in ihrer Tanzwut einbremsen, als wir uns 1:45 Uhr ins nächste Tal begeben.
Col du Joly Les Contamines-Montjoie (Aufnahme bei Tageslicht)
Der Rest der Strecke ist uns nun von diversen Wanderungen, dem PTL oder dem UTMB bekannt: breite Forststraßen und gut laufbare Wege führen zu den Skiliftanlagen östlich des Paßes, danach verschwindet die Strecke im Wald, wo wegen der vielen Wurzeln mehr Obacht gefordert ist. Am Chalet de Nant Borant (1.489 m) biegen wir auf die UTMB-Strecke, die wir bis zur Kirche Notre-Dame de la Gorge (1.210 m) in entgegengesetzter Richtung nehmen. Dort gibt es nur eine kleine Abweichung vom Original, auf dem es dann ab Le Praz weiter bis Les Contamines-Montjoie (1.170 m) geht. Dort wartet die nächste Verpflegung und auch das nächste Zeitlimit, welches für 8:30 Uhr festgelegt ist. Wir treffen fast fünf Stunden davor im Zelt ein und verweilen ca. eine Viertelstunde zum Auftanken.
Nun folgt der Anstieg zu den Chalts du Truc (1.720 m), beginnend an der Kirche mit einem steilen Straßenabschnitt, der später in einen wurzeligen Pfad übergeht. Über eine Kuppe führt der Steig zu den Chalets du Miage (1.559 m). Nun müssen wir nur noch der Lichterspur zum Col du Tricot (2.120 m) folgen und haben mit dessen Erklimmen den letzten erwähnenswerten Anstieg des TDS geschafft. Es läuft allerdings sehr schleppend und so haben wir im dritten Versuch (nach Wanderung und PTL) auf diesem Abschnitt unsere schlechteste Zwischenzeit. Für ein Foto und ein kurzes Gespräch mit den Streckenposten am Col langt es aber allemal.
Nun können wir die Stirnlampen einpacken und den Weg hinab zur Hängebrücke über den Bionnassay ohne Zusatzbeleuchtung in Angriff nehmen. An der Brücke angelangt, spielt sich Ungewöhnliches ab. Ich wunderte mich schon, warum viele "Einheimische" kurz vor der Flußquerung noch überholten - der Grund: damit sie beim Anstehen nicht zu weit hinten postiert sind. Und dann wackelt dort jeder einzeln drüber, während die anderen brav am Ufer warten. Warum, kann ich nicht nachvollziehen. Erst spaziert eine Portugiesin mit gaaanz bedächtigem Schritt und jeder Menge Respekt (oder besser gesagt, Angst) hinüber. Ihr folgt ein Franzose in ähnlicher Manier. Einer stürmt in neuer Rekordzeit das andere Ufer und drei Männer gehen einzeln im normalen Schritt über die an Stahlseilen befestigten Holzbohlen. Dann sind wir an der Reihe und zeigen, daß es auch zu zweit ohne Gefährdung geht. Ein "Vorschlag" der in der Reihe hinter uns auch Nachahmer findet.
Sonnenaufgang am Col de Tricot (2.120 m) Noch 8 km / 205 Hm+ / 180 Hm- bis Chamonix.
Über Bellevue (1.601 m) geht es dann fast direkt nach Les Houches (1.012 m). Das letzte Versorgungszelt mit dem letzten Zeitlimit (13:30 Uhr) auf der Strecke steht in der Ortsmitte, nahe der Kirche, für uns bereit. Wir nehmen dieses Angebot noch einmal an und begeben uns kurz vor halb neun auf die letzte Etappe nach Chamonix (1.035 m). Es sind noch einmal wellige acht Kilometer zu absolvieren. Wir laufen und gehen und wollen wenigstens vor 10 Uhr im Ziel sein. Ich erinnere mich an den Wassertrog am Ortseingang, wo ich mich beim PTL auch noch schnell frisch gemacht habe, um standesgemäß im Ziel einzulaufen. Zu Ute sagte ich unterwegs noch, daß wir ein Zielfoto von uns an Torsten, unserem Begleiter vom PTL, schicken müßten und dann steht er knapp 200 Meter vor dem Ziel mit seiner Frau Anne hinter der Absperrung und jubelt uns zu. Welch' Überraschung! Wir bleiben kurz stehen und als ich zum großen Gespräch ausholen will, mahnt Ute, wir sollten doch hinter der Ziellinie weiterreden, denn sie wolle einfach nur unter der durchschnittlichen TDS-Zeit von 27:30 Stunden bleiben.
In 27 Stunden und 28 Minuten haben wir nun auch, kurz vor 9:30 Uhr, den TDS gemeistert. Die obligatorische Weste und das Zielbier gibt es im Anschluß daran. Wir setzen uns mit Anne und Torsten in die Sonne und lassen das Erlebte der letzten Stunden Revue passieren. Frisch geduscht verfolgen wir einige Stunden später die Zielankunft der Ersten des OCC (ab 14:20 Uhr) und der Letzten des TDS (bis 15:15 Uhr).
Nach 27:28:27 bzw. 27:28:25 Stunden auf den Place du Triangle de l'Amitié in Chamonix.
Bilder vom TDS
Ergebnis TDS - Männer: 1.069 im Ziel
1. Bartolo, Pau (ESP) - 1. SeH - 14:26:40 h
2. Cointre, Cyril (FRA) - 2. SeH - 14:43:02 h
3. Guillon, Antoine (WAA-Team - FRA) - 1. V1H - 15:00:03 h
3. Trivel, Lionel (Team Hoka - FRA) - 2. V1H - 15:00:03 h
5. Berchet, Rémi (Team Scott-Odlo-Led Lenser - FRA) - 3. SeH - 15:13:40 h
6. LeSaux, Christophe (FRA) - 3. V1H - 15:51:40 h
482. Delling, Thomas (LV Limbach 2000) - 169. V1H - 27:28:27 h
Ergebnis TDS - Frauen: 145 im Ziel
1. Huser, Andrea (Salewa Mountain Shop Grindelwald - SUI) - 1. V1F - 16:35:29 h
2. Bes Ginesta, Cristina (Club Esqui Girona - ESP) - 1. SeF - 17:04:52 h
3. Blanchet, Juliette (Team Trail Isostar - FRA) - 2. SeF - 17:52:20 h
4. Piccolet, Josiane (Amicale Pedestre - FRA) - 1. V2F - 19:51:55 h
5. Roux, Delphine (Team X-Bionic - FRA) - 3. SeF - 19:54:44 h
6. Escudero Martínez, Marta (Race Land - ESP) - 4. SeF - 20:11:09 h
57. Herfurt, Ute (LV Limbach 2000) - 11. V2F - 27:28:25 h
(von 1.809 gestarteten Läufern erreichten nur 1.214 das Ziel - 595 schieden aus!)
Die Durchgangszeiten und Zwischenplazierungen von Ute (re.) und mir. ©LiveTrail
Am Freitag startet stets der UTMB, dem mit seinen fast 170 Kilometern und knapp 10.000 Höhenmetern das Hauptaugenmerk der einwöchigen Veranstaltung gilt. Da man zu dessen Start am Place du Triangle de l'Amitié sowieso keinen Platz als Zuschauer bekommt, entschließen wir uns dem Treiben auf dem Col du Bonhomme (2.329 m) beizuwohnen. Dort ist ungefähr die Marathondistanz erledigt und das Feld entsprechend entzerrt. Wir fahren also des Nachmittags mit dem Auto zum Parkplatz an der Notre-Dame de la Gorge (1.200 m) und wandern auf dem Original-TMB, vorbei am VP La Balme (1.706 m) hinauf zum Paß. Da wir genügend Zeit haben, gehen wir noch auf ein Bier zum Refuge du Col de la Croix du Bonhomme (2.433 m), welches ebenfalls an der UTMB-Strecke liegt. Der Gastraum ist dort proppevoll mit TMB-Wanderern und so nehmen wir auf der Terrasse Platz, wo uns zusätzlich der klassische Sonnenuntergang im Hochgebirge präsentiert wird. Extra für diesen Augenblick leert sich dann doch einmal kurz die Wirtsstube und der Balkon ist Mittelpunkt des Geschehens.
Col du Bonhomme (2.329 m) am Nachmittag. Col de la Croix du Bonhomme (2.479 m)
Auf unserem halbstündigen Rückweg treffen wir wieder auf die zwei Frauen, welche die UTMB-Streckenmarkierungen von der Hütte bis zum Col du Bonhomme anbringen. Sie haben keine Eile, obwohl der Wettkampf schon fast drei Stunden läuft. Auch am Paß ist noch keine Hektik ausgebrochen. Erst im spärlichen Dämmerlicht kommen so nach und nach die ersten Streckenposten den Berg herauf. Noch ein paar Handgriffe ihrerseits am Zelt und am (vom Hubschrauber abgesetzten) Materialsack, dazu die Installation eines Lichtes für das "Col du Bonhomme"-Schild und die Warterei kann beginnen.
Man hat von hier oben einen guten Blick ins Tal und sieht schon von Weitem, wie sich die ersten Lichter dem Paß nähern. Kurz vor halb elf kommt der erste Schub, ein Trupp von sechs Mann. Danach geht es erst im Fünf-Minuten-Takt, dann Schlag auf Schlag weiter und gegen Mitternacht ist fast keine Unterbrechung in der Lichterkette mehr auszumachen. Mittendrin in diesem Gewühl treffen wir Holger, unserem Begleiter beim Südtirol Ultra. Wir wechseln ein paar Worte, während er sich umzieht, um sich dann gegen 1:10 Uhr weiter auf den Weg zum Refuge du Col de la Croix du Bonhomme zu machen.
Eine Nacht auf dem Col du Bonhomme zum Anfeuern der UTMB-er (rechts: Holger Kanisch).
Bis 2:45 Uhr harren wir noch am Bonhomme aus, ehe wir uns der schon mit großen Lücken versehenen Läuferschlange entgegen talwärts bewegen. Wir schwatzen dabei noch kurz mit den Besenläufern (welche den letzten Akteur des Feldes begleiten) und sehen die finalen Aufräumarbeiten am Verpflegungspunkt La Balme. Gegen 5 Uhr sind wir wieder an unserem Fahrzeug und pünktlich zum Sonnenaufgang in unserem Hotel. Daher ist der Sonnabend dann auch etwas in Schieflage geraten und ehe wir in Chamonix zum Zieleinlauf des UTMB erscheinen, sind die Ersten schon durch.
PTL: "Montagn'hard2" (Frankreich) 121:44:13 Std. "Salomon" (Deutschland/Schweiz) 138:01:33 Std.
Dafür haben wir aber noch den Sonntag. Da verpassen wir zwar den Zieleinlauf von Holger, der entgegen der Prognose von livetrail.net viel zu schnell den Abschnitt von La Flegere nach Chamonix absolvierte, aber ich treffe ihn etwas später wenigstens noch in Zielnähe zur kurzen Auswertung seines Laufes. Den Rest des Vormittages verbringen Ute und ich dann auf der UTMB- und PTL-Strecke zwischen La Floria (1.350 m) und La Flegere (1.877 m) und klatschen uns, die schon arg vom Vorabend strapazierten Hände wund.
Auch die Ankunft der Letzten des Tages lassen wir uns am späten Nachmittag nicht entgehen und das leckere Abschlußmahl am Abend erst recht nicht. Dabei gibt es dann auch schon die ersten Filmsequenzen von der Veranstaltung auf einer Großbildleinwand zu sehen. Gegen 21:30 Uhr ist unser vierter gemeinsamer Ultra-Trail du Mont-Blanc Geschichte, denn am nächsten Tag warten noch knapp 1.000 Kilometer Heimfahrt auf uns.
Voriges Jahr verpaßt: die PTL-Ehrung. Noch nie verpaßt: das Abschlußmenü.
Statistik: (livetrail)
UTMB 2.563 Starter - 931 Aussteiger (36,3%)
CCC 2.129 Starter - 659 Aussteiger (30,9%)
TDS 1.809 Starter - 595 Aussteiger (32,9%)
OCC 1.435 Starter - 118 Aussteiger (8,2%)
PTL 107 Mannschaften - 67 Aussteiger (62,6%)
Fazit: Auch mit der Bewerbung für die "Nebenstrecke" TDS macht man beim Ultra-Trail du Mont-Blanc definitiv nichts falsch! Sicherlich spielte uns zusätzlich das schöne Wetter in die Karten, bei dem man sogar nachts (dank Vollmond) phantastische Panoramen zu Gesicht bekam. Aber auch die Herzlichkeit der Einheimischen und die Fürsorge der knapp 2.000 Helfer machen diese Veranstaltung zu einem unvergesslichen Ereignis.