15.05.2015 - 10:00 Uhr - 48 Stunden auf flacher 1.000-Meter-Schleife (1 Hm +/-)
Zwei Tage "Intensivurlaub" auf dem Festplatzgelände von Gols im österreichischen Burgenland.
Das verlängerte Männertag-Wochenende nutzen Ute und ich zur Erweiterung des eigenen Horizonts mit einem intensiven Kennenlernen Österreichs. Wir beschränken uns dabei jedoch nur auf einen kleinen Teil der Alpenrepublik - auf das Festplatzgelände der burgenländischen Marktgemeinde Gols.
Doch wie kommt man ausgerechnet auf diesen doch recht unbekannten Flecken Erde? Im Oktober meldete ich mich für den 48-Stundenlauf am 15. Mai in Rheinberg an. Das Startgeld war schnell überwiesen und dann war es verdammt lange verdammt ruhig um diese Veranstaltung am Niederrhein, bis im März deren Absage folgte. Dumm gelaufen - dann muß eben meine 48er Premiere noch ein wenig warten! Ich bekam zwar umgehend von Sören Schramm den Tip, alternativ am selben Tag in Gols zu starten, ließ diese Information jedoch rund anderthalb Wochen liegen.
Doch dann mußte es plötzlich schnell gehen. Ich hatte mich mal mit der Ausschreibung des Ultralaufteams Gols vertraut gemacht und war zu dem Entschluß gekommen, dort anzutreten. Utes "Ja" war allerdings verbunden mit einem Start ihrerseits, da sie keine zwei Tage dort an der Strecke "rumlungern" wolle. Von den 30 limitierten Startplätzen waren zu diesem Zeitpunkt schon 24 weg. Schnell waren daraufhin die persönlichen Daten in den Rechner gedrückt und am nächsten Tag das Startgeld überwiesen. Wir waren also sicher dabei! Was uns allerdings erwarten würde, hatten wir nicht ansatzweise "auf dem Schirm", auch wenn wir schon zeitlich längere Läufe absolviert hatten. Jeder Normalläufer weiß jedoch, daß der Marathon nicht zweimal ein Halbmarathon ist. Genauso ist ein 48-Stundenlauf kein zweifacher 24-Stundenlauf!
Die Anreise war für den späten Mittwochnachmittag geplant, deshalb sollte auch schon mittags der Hammer auf Arbeit fallen. Bei Ute ist dies jedoch erst 18 Uhr - zu spät um noch nach Österreich aufzubrechen. Um so entspannter nehmen wir deshalb am Donnerstag, dem Feiertag, die rund 540 Kilometer über die Tschechei ins Burgenland in Angriff. Bei unserer Ankunft am Volksfestplatz der Marktgemeinde werden wir sofort von den im Aufbau des Parcours befindlichen Helfern mit Handschlag empfangen, als wären wir Stammkunden ihrer Veranstaltung. Diese Freundlichkeit ist auch nicht aufgesetzt, sondern gehört zur familiären Atmosphäre dieses Ultralaufes dazu.
Unser Fahrzeug können wir gleich an der Laufstrecke plazieren. Danach organisieren wir uns in der näheren Umgebung ein Schlafquartier, welches wir gleich noch für die Nacht von Sonntag zu Montag buchen. Es liegt nur rund einen Kilometer von unserem "Stellplatz" entfernt. Wir kehren anschließend zum Volksfestplatz zurück und legen unsere Wechselsachen für den Wettkampf übersichtlich verteilt im Auto zurecht, denn für den morgigen Freitag sind Regenschauer angesagt und da wollen wir diesen Teil der Vorbereitung schon einmal erledigt haben.
Entspannung am Vorabend ... ... denn die Wechselsachen liegen parat.
Ganz entspannt beginnt der nächste Tag. Im Supermarkt (der auf dem Weg vom Quartier zum Festplatz liegt) holen wir uns ein deftiges Frühstück, welches wir im Speisesaal der Mittelschule standesgemäß mit einer Tasse Kaffee genießen. Danach holen wir uns unsere Startnummern ab und werfen uns in Schale, ehe es zur Läuferbesprechung geht. Dann verbleiben nur noch wenige Minuten bis zum Start. Das Telefon wird für die nächsten zwei Tage deaktiviert und so muß ich regelrecht noch einmal mit der "Außenwelt" via WhatsApp kommunizieren. Ute drängelt - "Warte mal noch kurz, nur noch eine Antwort." - "Warte, Sören schreibt noch." - Ute drängt energischer - gut, Telefon aus und zum Startbogen. Dort gab es das Teilnehmerbild bereits ohne uns, aber der Start findet mit uns statt.
Langsam, sehr langsam trottet der Pulk Richtung Stadion. Wir haben uns in die zweite Reihe vorgearbeitet und haben Probleme, hier nicht überholen zu müssen. Nach 5 Minuten und 45 Sekunden passieren wir wieder den Bogen und haben unseren ersten Kilometer bereits geschafft. Auf unseren ersten Runden ignorieren wir auch noch großzügig den kurz nach dem Durchlauf gelegenen Verpflegungsstand. Dieser wird allerdings mit zunehmender Dauer immer wichtiger werden.
Startnummernausgabe (8:00 bis 9:00 Uhr) und Läuferbesprechung (9:40 Uhr).
Neben unserem (am Streckenrand) abgeparkten Auto hat sich die "Mannschaft" von Österreichs "Extremläufer" Rainer Predl niedergelassen. Er hat seine Rundum-Versorgung dabei, die er stets "frisch zubereitet" gereicht bekommt. Wir haben zwar auch diverse Nahrungsmittel bereitstehen, werden jedoch nur den mitgebrachten Gemüsesaft dem vorhandenen Speise- und Getränkeangebot hinzufügen.
Der angekündigte Regen hat es noch nicht bis Gols geschafft. So ist das Laufen bei bedecktem Himmel und rund 15°C recht angenehm. Ein paar Pfützen, vom Regen des Vortages, zieren stellenweise noch den Asphalt. Aus einer dieser Pfützen entsteht durch einige Kreideverzierungen der nahegelegene Neusiedler See. Zudem kommen ständig noch neue Motivationssprüche hinzu. Verantwortlich für dieses recht lustige Rahmenprogramm ist Rainer Predls "Ernährungsfachmann". Er führt auch eine "Rainer's to do Liste" (richtigerweise eine "Rainers-schon-geschafft-Liste"), indem er jede seiner Runden mit einem Kreidestrich auf dem Asphalt vermerkt. Wir können uns schön an dieser Aufzählung orientieren, da wir ungefähr sein Tempo laufen. Es ist anfangs sowieso alles noch sehr eng beieinander und so kommt es, daß Ute und ich nach einer Stunde plötzlich doch in Führung liegen. Das ist zwar nicht gewollt, da es den Eindruck vermittelt, hier kommen zwei, die sich der "Länge" der 48 Stunden nicht ganz bewußt sind, denn die "alten Hasen" lauern zu diesem Zeitpunkt noch recht defensiv im vorderen Mittelfeld.
Da wir jedoch "nur" die Erfahrung von drei 24-Stundenläufen im Gepäck haben, ist es schwer für uns eine geeignete Taktik zu finden. Daher laufen wir sehr entspannt die ersten Stunden unser Tempo, es liegt knapp unter 6 Minuten pro Kilometer - für die zwei Tage gesehen, etwas zu "schnell", aber: was man hat, das hat man! Ich bin etwas langsamer, als bei meinem letzten 24er in Reichenbach. Für die (in diesen Kreisen völlig unbekannte) Halbmarathondistanz benötige ich zwei Stunden - 13 Minuten langsamer, als in Reichenbach. Auch beim Marathon habe ich mehr Zeit auf der Uhr (4:11 Stunden zu 3:55 Stunden). Das sind zwar nette Zahlenspielereien, die für eine Endergebnis-Hochrechnung natürlich völlig unbedeutend sind.
Außerdem ist der tellerflache Kurs wesentlich besser zu laufen, als im Vogtland. Es gibt nur eine einzige, etwas aus der Reihe fallende 90°-Kurve. Sie liegt am Biotop bei der Hotelanlage des "Birkenhofes". Sie weißt ein minimales Gefälle (nach Richtungswechsel: Steigung) auf und wird aber erst nach so ungefähr 30 absolvierten Stunden "interessant". Kein Mensch würde davon Notiz nehmen, wenn es sich nicht um einen zwei Tage dauernden Lauf (u.a. über dieses Hindernis) handeln würde.
Strecken- und Speiseplan.
Da ich mit Ute zusammen auf dem Rundkurs unterwegs bin, haben wir auch stets die gleichen Zwischenresultate. Während ich nach fünf Stunden auf Platz drei rangiere, hat Ute schon mal neun Kilometer Vorsprung auf Platz zwei herausgelaufen. Eine Vorentscheidung? Sicherlich nicht, aber schon mal ein guter Anfang. Jetzt kann ich Ute auch mal meine Vorstellungen zu ihrem Rennverlauf schildern. Ich gehe dabei sehr sachte 'ran und präsentiere ihr folgende Zahlen, die ich für machbar halte: für die ersten 12 Stunden stehen 100 Kilometer auf dem Monitor, für die zweiten 12 Stunden "nur" noch 70. Das wären 170 für den ersten Tag - rund zehn Kilometer weniger, als Utes Bestleistung beim 24-Stundenlauf. Für die erste Hälfte von Tag zwei gebe ich 50 Kilometer vor und für den Rest nochmal 30, das ergibt 250 Kilometer und wäre doch ein recht passables Ergebnis für sie. Da hat sie vor allem für den zweiten Tag genug Luft für eventuelle Schlafpausen und die generelle Abnutzung ist auch gebührend mit eingerechnet. Das Problem ist eben nur, daß Ute von meinen Hochrechnungen nicht viel hält und da lieber etwas pessimistischer 'rangeht.
Für mich steht das Erreichen der 300er Marke im Vordergrund. Ob dies natürlich gleich so auf Anhieb klappt, kann man nicht voraussehen. Es ist jedoch mein Ziel, welches ich in Utes "Schaffenspausen" herauslaufen will. Nach rund sechs Stunden laufen wir dann auch jeder mal den eigenen Trott um danach wieder auf der Strecke zusammenzufinden. Die erste große Zahl ist die 100, ich habe sie nach 10:36 Stunden erreicht, Ute nach 10:58 Stunden - wir haben also einen kleinen Vorsprung im internen Plan herausgelaufen. Mit 111 erzielten Kilometern nach dem ersten Viertel, bin ich 6 Kilometer schneller, als in Reichenbach 2014.
Mit dem Erreichen der 12-Stunden-Marke wird auf dem Volksfestplatz die Richtung geändert. Wir laufen unter dem Startbogen eine kleine Runde und sehen nun die Strecke mal von der anderen Seite (auch wenn es mittlerweile dunkel ist). Entgegenkommende Läufer werden nun abgeklatscht und mit den besten Wünschen bedacht - so ist das Usus und wir machen natürlich mit.
Die erste Nacht ist nicht nur kalt, sondern auch naß. Überprüfung des Zwischenstandes.
Eine Stunde später beginnt es dann doch mit regnen. Den gesamten Tag hatte es durchgehalten, obwohl es vorhergesagt war. Wir entschließen uns daher für eine längere Essenspause im Versorgungszelt. Zum reichhaltigen Angebot an Speisen und Getränken gesellt sich (laut Essensplan) auch zu festgelegten Zeiten eine warme Mahlzeit - und diese brauch den Vergleich zum Feinkostrestaurant nicht zu scheuen! Wir entscheiden uns in dieser Nacht für das "Geschnetzelte mit Knödeln", alternativ gibt es Grießnockerlsuppe oder Nudeln und Gemüse. Dazu gönne ich mir mal ein "richtiges" Bier, da ich mich bisher fast ausschließlich mit alkoholfreiem Bier oder Radler versorgt habe. Der Regen wird stärker und wir sind froh, jetzt einen trockenen Platz bei guter Bewirtung inne zu haben. Wir beschließen, wenn es weiter so stark von oben näßt, unsere kurze Schlafpause vorzuziehen, denn diese war erst für 2 Uhr angedacht.
Wir ziehen uns am Auto die Laufwesten über und merken, wie der Regen nachläßt. Wir laufen weiter und Ute wird später die vorgesehene Zeit zwischen 2 und 3 Uhr für eine Schlafpause nutzen. Da gilt es für mich Meter zu machen und bei Utes Wiedereintritt ins Wettkampfgeschehen ist mein Vorsprung auf sie auf 15 Kilometer angewachsen. Jedoch nicht ohne Spuren, durch mein Tempo von unter 6 Minuten ist der Körper ganz schön ausgelaugt und so muß ich zu Beginn des neuen Tages eine kurze Zwangspause im Auto einlegen. Während das Vogelgezwitscher den Morgen einläutet, liege ich im Fond des Wagens und versuche eine Mütze Schlaf zu erzwingen. Von der halben Stunde Pause bleiben höchstens 20 Minuten dafür übrig, reichen aber erstmal völlig aus, um erholter weiterzumachen.
Tag 2 im prallen Sonnenschein!
Für den Sonnabend ist Sonnenschein pur angesagt. Auch wenn wir deshalb noch so viele Kilometer wie möglich im angenehmen Morgengrauen schaffen wollen, können wir die Frühstückspause nicht ausschlagen. Wir setzen uns also wieder an die Tische im Versorgungszelt und genießen ein zart gebackenes Schinken-Käse-Toast der Extraklasse. Sicherlich könnte man dieses auch mit auf die Runde nehmen und es dort während des Gehens/Laufens konsumieren, wir entscheiden uns für die stilvollere Variante. Außerdem hat man da mal etwas Zeit sich mit den Organisatoren und Helfern zu unterhalten und dies gehört sich (bei allem Wettkampfzwang) natürlich auch - schließlich sorgen sie sich auch stets um unser Wohl!
Um das Wohl im Schuh sieht es allerdings nicht ganz so toll aus. Es deutete sich schon seit geraumer Zeit an, nun kann ich es nicht länger hinauszögern - eine Sichtkontrolle ist notwendig. Und siehe da, mein rechter Fuß hat "Zuwachs" bekommen: drei neue Zehen in Form von Blasen. Kein Wunder, das der "adidas boost boston" immer enger wurde. Er ist ja schließlich nur für fünf Zehen gemacht. Mit der Fingernagelschere schneide ich die Wassersäcke auf und trockne sie mit Zellstoff, danach kommt ein Streifen Kinesioband über den gesamten Vorderfuß. Es wäre zu müßig jede Blase einzeln abzukleben. Der linke Fuß ist da wesentlich besser dran, nur kleinste Blasen, deren Behandlung (noch) nicht lohnt. Ich entscheide mich zudem für einen Schuhwechsel und zwänge meine Füße in den "Hoka Clifton", der wesentlich geräumiger als der "adidas" ist.
Rainer Predl's Liste endet (verletzungsbedingt) nach 202 Strichen. 5-Sterne-Verpflegungspunkt.
Mittlerweile ist es mit dem Dienstantritt der Sonne ganz schön warm geworden. Jetzt heißt es für uns mit den Kräften hauszuhalten, da wir nun mal nicht die begnadeten Hitzeläufer sind. Das ganze Gegenteil stellt Lokalmatador Franz Sack dar. Er spult (nach einer längeren Nachtpause) eine nach der anderen Runde, im fast gleichmäßigen Tempo herunter. Er hält zudem die österreichischen Rekorde über 48 und 72 Stunden mit 346 bzw. 520 Kilometern, sowie den Rekord über die 7-Tage-Distanz mit 782 Kilometern. Er weiß also, was er tut und wird an diesem Tag seinen Rückstand auf mich von 29 auf gerademal 4 Kilometer verringern.
Bevor ab 10 Uhr die 31 "schnellen" 6-Stundenläufer um Landesmeisterschaftsehren im Ultralauf mit auf die Strecke gelassen werden, wird gegen 9:30 Uhr unsere Laufrichtung wieder gedreht. Bis zum "Bergfest" habe ich 185,1 Kilometer abgehakt - neue (um 2,5 Kilometer verbesserte) persönliche Bestleistung im 24-Stundenlauf! Ute hat genau 10 Runden weniger als ich und somit fünf Kilometer Vorsprung auf meine gewagte Vorgabe von 170 Kilometern.
Jetzt gilt die Aufmerksamkeit jedoch den Aktiven der Burgenland-Meisterschaft. In unglaublichen 3:40 Minuten beendet der Führende die erste Runde, die 5 Kilometer hat er in 18:54 Minuten heruntergespult. Es herrscht allgemeines Kopfschütteln über so viel "Mut". Alle, mit denen wir zu diesem Thema sprechen, sind der Meinung, das er dieses Tempo nicht halten wird. Letztendlich kommt der Zweitplazierte auf und Daniel Strobl und Dietmar Korntner teilen sich den Gesamtsieg mit 78,225 Kilometern. Eine große sportliche Geste. Dritter wird Martin Tschiedl mit 68,528 Kilometern - er hat uns bei seiner Rundendreherei stets angefeuert und wir freuen uns nun für seine "Stockerl-Plazierung". Bei den Frauen gewinnt Gertraut Haller-Peck mit 64,475 Kilometern vor Petra Mayer mit 60 Runden und Regina Kadi mit 57,023 Kilometern. Aber auch der Golser Nachwuchs ist mehr als gut dabei: Hannah Lunzer (Jg. 1995) mit 53,166 Kilometern, Anna Peck (Jg. 1994) mit 50.188 Metern und Manuel Lehner (Jg. 1998) mit 48,288 Kilometern. Hut ab vor diesen Leistungen!
Zweimal Fußball im benachbarten Volksfeststadion. ... der "überfahrene Frosch" ziert unseren Weg.
Die Hitze schlaucht immer mehr, doch getreu dem Leitspruch der Veranstaltung, daß stets der Aktive im Vordergrund steht, wird umgehend von den Verantwortlichen reagiert und Speiseeis in allen erdenklichen Variationen den hitzegeplagten Läufern gereicht. Das kommt natürlich nicht bloß bei uns gut an, es soll auch zur besseren Regeneration beitragen.
Zum (für mich) erweiterten Rahmenprogramm gehören auch die Fußballspiele im benachbarten Volksfeststadion. Es gibt zwar nur bedingt Einsicht auf das Spielfeld, aber die Anzeigentafel und die Reaktionen der doch recht zahlreich erschienenen Zuschauer lassen mich stets am Spielgeschehen teilhaben und bringen so etwas Abwechslung ins monotone Dahingelatsche. Zuerst spielen die Reservemannschaften des SV Gols und des SC Trausdorf gegeneinander - Endstand 1:3 (0:0). Ab 17 Uhr stehen sich dann die "Kampfmannschaften" der beiden vorgenannten Vereine im Spiel der II. Liga Nord des Burgenlandes (5. Liga) gegenüber. Mit einem ungefährdeten 3:1 (2:0) behalten hierbei die Gastgeber die Oberhand, denn der Gästetreffer fällt erst kurz vor dem Abpfiff.
Verarzten von Blasen. Das Kreuz (unten rechts im Bild) markiert eine Bodenwelle!
Danach beginnt es zu dämmern, aber die Temperatur sinkt nur unmerklich. Wir müssen aber in der zweiten Nacht unsere "verlorenen" Tageskilometer wieder zurückholen. Das wird jedoch nicht einfach, denn sie gilt als noch "brutaler", als die erste Nacht. Ein Großteil der Teilnehmer würde dann zum Schlafen übergehen und das Feld recht überschaubar werden, wurde uns von den erfahrenen Mehrtagesläufern erzählt.
Es sind 34 Stunden absolviert und mein internes Ziel von 300 Kilometern ist (realistisch betrachtet) in weite Ferne gerückt. Ich habe, wenn ich das aktuelle Tempo hochrechne, einen Vorsprung von gerademal anderthalb Kilometern. Bei noch anstehenden 14 Stunden definitiv nicht machbar! Damit setze ich mich immer mehr unter Druck und der Kopf ist nun auch nicht mehr bereit, meine Beine vernünftig zu steuern. Eine ernsthafte Krise folgt, da Ute meint, es wäre doch egal, was am Ende im Ergebnisprotokoll steht. Kurz vor dem letzten Richtungswechsel um 22 Uhr begeben wir uns beide (etwas zeitversetzt) in die Massage. Sie wurde uns regelrecht von Gesamtleiterin Magdi ans Herz gelegt und wir bereuen es auf keinen Fall, diese halbe Stunde in Anspruch genommen zu haben. Während Ute sich den gesamten Bewegungsapparat durchkneten läßt, beschränkt sich Masseur Thomas auf meinen Wunsch hin, nur auf die Oberschenkel. Es hilft, es geht jetzt wieder flüssiger - aber wir haben uns für nach dem Richtungswechsel ein Schlafgemach in der angrenzenden Turnhalle reservieren lassen.
Wir verschwinden also bis kurz nach Mitternacht für zwei Stunden in das Schulgebäude und versuchen mit etwas Schlaf wieder "fit" zu werden. Die Füße werden freigelegt, wie wir es beim PTL gelernt haben. Dadurch gönnt man den arg strapazierten Sohlen auch so eine Art Regeneration. Danach "schlafen" wir auf dem harten Untergrund der bereitgelegten Turnmatten sehr schlecht. Diese kurzen Erholungsphasen reichen jedoch, um danach wieder ganz normal ins Wettkampfgeschehen einzugreifen.
Einen Halt gibt es aber noch: und zwar das "Nachtmahl". Wir entscheiden uns für die panierten Hähnchenschenkel und die Nudelpfanne. Drei der "Hendlhaxerl" müssen es jetzt bei mir sein. Noch etwas Bier hinterher und nun kann der sportliche Teil kommen.
Die Rundenzeiten waren auch schon besser! Schwerfälliger Schritt am Sonntagmorgen.
Knapp zehn Stunden verbleiben nun, um das Kilometerresultat noch in die Höhe zu treiben. Die langgezogene Ruhepause tat mir gut. Es war Utes Idee, den Anker zu werfen, da wir sonst höchstwahrscheinlich auf dem Kurs zusammengebrochen wären. Auf einmal geht es wieder "richtig gut" und es besteht doch noch eine klitzekleine Hoffnung auf die "Drei" am Endresultat. Der Kopf ist deshalb nicht mehr blockiert und hilft mir fortan bei der Umsetzung meines Zieles. Ute brauch' ich nicht mehr weiter zu begleiten, sie hat 35 Kilometer Vorsprung und der dürfte ihr schwer streitig zu machen sein. Also drehen wir nun getrennt unsere Runden.
Ute kann sich den Luxus erlauben, etwas länger an der Verpflegung mit den Helfern zu quatschen - ich muß allerdings noch etwas tun. Mit fortschreitender Zeit merke ich jedoch, daß die 300 wieder machbar ist. Das motiviert zusätzlich und ab und zu ziehe ich dann auch Ute wieder mit. Es sind noch siebeneinhalb Stunden und ich benötige nur noch einen Marathon - 42 Kilometer in 7:30 Stunden! Das ist doch eine wunderbare Ausgangslage. Sicherlich wird der Kräfteverschleiß noch negativ zuschlagen, aber die noch anstehende Distanz ist mehr als überschaubar.
Als Ute ihre 250 Runden geschafft hat, ist etwas von ihrer Motivation verloren gegangen. Was jetzt noch für sie kommt ist "Kompott"! Mein "Antreiben" kommt nicht mehr so gut an und es droht eine gewisse Anarchie. "Dann geh' doch Schaukeln!", so mein gutgemeinter Tip, der uns wieder gemeinsam lachen läßt.
Frauensiegerin Ute + Gesamtsieger Günter Klammer. Noch 18:40 Minuten: Es geht dem Ende zu!
Das nächtliche Froschkonzert vom Biotop wird durch das Vogelgezwitscher des beginnenden Tages abgelöst, auch die Käuze am Sportplatz haben sich verzogen - nur ein Igel kreuzt noch den Festplatz. Jetzt ist der Rundkurs wieder "proppevoll" mit Läufern. Fünf Teilnehmer sind bisher verletzungsbedingt ausgeschieden, der Rest arbeitet nun noch an der persönlichen Resultatsverbesserung!
Das leckere Schinken-Käse-Toast schiebe ich noch eine ganze Weile vor mir her. Ich will erst mein Ziel abhaken, lasse mich dann doch acht Runden, vor Erreichen dessen, breitschlagen und nehme im Versorgungszelt zum Frühstück Platz. Nach knapp 47 Stunden habe ich dann doch meine anvisierten 300 Kilometer im Sack - LaOla inklusive! Jetzt kann auch ich noch was für die Statistik tun. Mit Ute zusammen nehme ich die letzte Stunde in Angriff. Ich setze unsere Ziele stets höher und ernte dabei nicht nur Zustimmung. Mehrere WC-Besuche schließen sich nun an, aber wir wollen auch mal die Kirche im Dorf lassen. Wir haben hier wirklich mehr erreicht, als wir uns anfangs ausgemalt hatten. Auch Sörens Motivationstip vom 280-km-Resultat, welches in die Ewige Deutsche Top-50 der 48-Stundenläufe genügt, ist "pulverisiert".
Wir wollen die letzte Runde in der Nähe des Rundendurchlaufes beenden. Wir haben dafür aber noch zu viel Zeit übrig und laufen normal weiter. "Noch zwei Minuten ...", so die Ansage des Sprechers und wir befinden uns im hinteren Teil der Strecke. "Schaffen wir das noch?" - wir schauen uns an und entscheiden uns für die "Antwort: Ja!"-Variante. Wir werden immer schneller, der Countdown wird im Halbminutentakt heruntergezählt. Wir sind auf der "Zielgeraden" und geben alles. Zielsprint nach fast 48 Stunden - wir sind selbst überrascht, wie gut das geht. Nach 47:59:45 Stunden laufen wir über die Meßmatte und schenken uns die 15 Sekunden der Ergebnisverbesserung. Wir fallen uns in die Arme und sind überglücklich!
Wie wir es schon beim Ende des 6-Stundenlaufes gesehen haben, kommen jetzt die Helfer mit Bierstiegen vorbei um uns das Zielgetränk zu reichen. Mit dem Drittplazierten Mirsad (315 km) stoßen wir auf unsere erfolgreichen Resultate an. Ute gewinnt mit 288 Kilometern und 53,5 Kilometern Vorsprung recht souverän die Frauenwertung und belegt im Gesamtklassement Platz 7. Mir bleibt der vierte Platz mit 309 Kilometern.
Fazit: Dieser Lauf verdient ganz einfach das Prädikat "Weltklasse"! Warum? Hier kann man sich von Anfang an voll aufs Laufen konzentrieren. Durch das ganze Drumherum fühlt man sich in sicheren Händen - sei es die Massage, die Verpflegung sowieso und das umsichtige Agieren der Helfer und Organisatoren. Wer also zwei Tage dem Laufsport frönen möchte, dem seien die "Golser Ultralauftage" wärmstens ans Herz gelegt. Danke für dieses wunderschöne (wenn auch verdammt harte) Wochenende!
Der Siegerpokal: ein Weinstock. Die Siegerehrung der Frauen
Ergebnis 48-Stundenlauf - Männer: 25 Teilnehmer
1. Klammer, Günter (Sportteam St. Georgen - AUT) - 1. M50 - 335,004 km
2. Eggenreich, Gerhard (RC Norske Skog - AUT) - 2. M50 - 320,017 km
3. Abdakovic, Mirsad (Bosnia Ultrarunner Team - BIH) - 1. M40 - 315,000 km
4. Delling, Thomas (LV Limbach 2000) - 2. M40 - 309,000 km
5. Ganter, Martin (Deutsche Ultramarathonvereinigung) - 3. M50 - 303,359 km
6. Darasz, Adalbert (Wien - AUT) - 1. M60 - 296,000 km
7. Sack, Franz (Ultralaufteam Gols - AUT) - 3. M40 - 267,315 km
8. Roether, Wolfgang (TV Pfaffenweiler) - 1. M70 - 264,386 km ("Weltrekord" M70)
9. Kapui, Andy (Club Supermarathon - AUT) - 4. M40 - 258,000 km
10. Huber, Wolfgang (Wien - AUT) - 1. M30 - 249,271 km
Ergebnis 48-Stundenlauf - Frauen: 4 Teilnehmerinnen
1. Herfurt, Ute (LV Limbach 2000) - 1. W50 - 288,000 km
2. Dilling, Daniela (LG Nord Berlin Ultrateam) - 2. W50 - 234,457 km
3. Hausmann, Martina (LG Würzburg) - 3. W50 - 225,000 km
4. Stepan, Sonja (Tri Runners Baden - AUT) - 1. W40 - 161,376 km
Meine persönliche 48-Stundenlauf-Statistik:
Zwischenzeit Halbmarathon: 2:00:xx h
Zwischenzeit Marathon: 4:11:xx h
Zwischenzeit 50 km: 4:58:08 h
Distanz 6 Stunden: 60,4 km
Zwischenzeit 100 km: 10:36:02 h
Distanz 12 Stunden: 111,0 km
Distanz 24 Stunden: 185,1 km (persönliche Bestleistung)
Zwischenzeit 200 km: 26:41:54 h
Zwischenzeit 250 km: 39:22:07 h
Zwischenzeit 300 km: 46:48:28 h
Anzahl der Schritte: 352.316 (habe nicht mitgezählt - hat die Polar V800 errechnet)
Verbrannte Kilokalorien: 31.452 (laut Polar V800)
Schlafpausen: 2 (20 Minuten in der ersten Nacht + 1:20 Stunden in der zweiten Nacht)
Schuhwechsel: 1
Veranstalterseite: www.ultralaufteamgols.at
https://de-de.facebook.com/lauftreff.gols
Ergebnisse: www.zeitnehmung.at
Nachbetrachtung zum Laufergebnis: Ein 48-Stundenlauf läßt sich definitiv nicht im voraus planen - wann mache ich Pause, wann esse ich was oder wie lange komme ich ohne Schlaf aus? Letztendlich entscheidet der Körper, oder besser gesagt, der Kopf. Und diesem "gesunden Körpergefühl" sollte man für ein erfolgreiches Ende folgen. So haben wir es gehandhabt (auch wenn mich Ute manchmal mit etwas Nachdruck daran erinnern mußte) und sind für unsere Verhältnisse recht gut damit gelaufen.
Durch dieses Ergebnis rutscht Ute in der "Ewigen deutschen Bestenliste des 48-Stundenlaufes" auf Platz 12 der Frauen, ich bin nun 26. bei den Männern. In der diesjährigen Weltjahresbestenliste hat Ute nur eine Japanerin vor sich ...