25.06.2011 - 7:15 Uhr - 101 km / 5.474 Hm+ / 5.474 Hm-
Einmal rund um das Wettersteingebirge mit Start und Ziel in Grainau, das ist grob umschrieben die Streckenführung der Erstauflage des "Salomon Zugspitz Ultratrail". Die Gegebenheiten für den "Tagesausflug" ums Zugspitzmassiv waren bestens: ein Wettergott der die Sonne hinter und den Regen in den Wolken zurückhielt, so das das Quecksilber nicht über 15°C kletterte.
Letztendlich konnte ich diese "Vorlage" über weite Strecken des Wettkampfes nicht nutzen. Durch mehrere individuelle Fehler wurden die Kilometer 20 bis 80 zur Tortur. So schlecht hatte ich mich noch nie bei einem Wettkampf gefühlt!
Los gehts mit einem neutralisierten Start, kurz vor dem "Noch 100 km"-Schild wird das Rennen freigegeben. Rund 450 Läufer machen sich nun auf den Weg, um in maximal 26 Stunden wieder im Startort Grainau einzutreffen.
Die ersten Kilometer über Hammersbach, hinauf zum Höllentaleingang, weiter unterhalb der Waxensteine zum Eibsee laufen wie von allein. Deshalb fotografiere ich lieber einmal mehr, als an der Verpflegung etwas zu mir zu nehmen. Nach dem "üppigen" Frühstück in Form einer Brezel mit Käse und zwei Tassen Tee merke ich aber schon bald wie die Kraft in den Beinen nachlässt. Dazu "wummert" es im Kopf, als ich das erste mal die 2.000er (Höhen-)Marke erreiche. Ich bewege mich am Limit und der Körper will nicht mehr.
An der dritten Verpflegung bei der Pestkapelle oberhalb Ehrwalds probiere ich dann auch mal von den Nüssen, den Orangen und der Wurst und hoffe auf Besserung. Ich könnte auch unterwegs von meinen Gels, die ich im Rucksack spazieren trage, etwas nehmen. Erst bei der nächsten Verpflegung, die zwar erst bei Kilometer 43 kommt, erleichtere ich meinen Rucksack um ein Gel und einen Riegel, außerdem bediene ich mich noch reichlich bei der Streckenverpflegung.
Auf dem Weg vom Scharnitzjoch hinab nach Reindlau steht endlich das von mir lang ersehnte "50 km to go"-Schild. Über die Hälfte ist geschafft, allerdings in stattlichen 7 Stunden und 51 Minuten - mir graut es vor meiner Zielzeit, die ich aufgrund meines Fitnesszustandes mit 17 Stunden kalkuliere. Diese Bergab-Passagen liegen mir gar nicht, ich werde überholt und kann keinem auch nur ansatzweise folgen.
Kurz darauf ist "V5" am Hubertushof in Reindlau erreicht. Doch keiner betritt die Verpflegungsstelle ohne eine ärztliche Kurzbefragung: "Hallo Thomas (der Name steht auf der Startnummer), wie geht es Dir?" - "Gut!" (stimmt natürlich nicht ganz), "Hast Du noch genug Kraft bis zum Ziel?" - ein klares "Ja!" meinerseits folgt, obwohl es mehr Wunsch als Realität ist. Viel lieber würde ich im nachfolgenden Zelt mit Liegestühlen und Heizstrahlern verweilen. "Wirklich???" und ein paar prüfende Blicke des Doktors folgen, ich nicke und bin medizinisch "durchgecheckt".
Die nächsten 8 Kilometer Richtung Mittenwald sind "flach", aber so richtig in Schwung komme ich nicht. Der Blick zum Karwendel ist frei, da gehts aber erst in einem Monat hoch - zum Karwendelberglauf. Bloß nicht daran denken, freue dich lieber über die einfache Streckenführung hier unten im Tal!
Die im 5er Rhythmus stehenden Kilometer-Schilder sind heute aber verdammt weit auseinander, denke ich und hätte fast nicht mitbekommen, das ich gerade einen Läufer des Supertrails (68,8km) überholt habe. Der Kälbersteig hinab ins Reintal ist für mich kaum laufbar - viele nasse Wurzeln, schlammig und steil. Trotzdem schafft es eine Dreiergruppe Schweizer wieder bis zur Verpflegungstelle zu mir aufzulaufen. Da muß ich eben bergauf noch mehr Vorsprung herausholen, denn ich wäre schon gern vor ihnen im Ziel.
Eine Brücke führt über die Partnachklamm, es folgen rund 10 Kilometer Anstieg zum Osterfelder Kopf. Ich freue mich über mein "schnelles" Vorankommen und überhole jetzt auch immer häufiger, unterhalb des Kreuzeck sogar eine blinden (oder stark sehgeschädigten) Teilnehmer des Supertrails mit seinem Betreuer. Ich zolle ihm meinen Respekt - großer Sport findet eben nicht nur "vorn" statt!
Die Kilometer-Markierungen für den am nächsten Morgen stattfindenden "Osterfelder Berglauf" sind schon an der Strecke ab Längenfelder Bahnstation angebracht. Nur findet dieser Lauf definitiv ohne mich statt. Es ist 21:45 Uhr, an der Bergstation der Alpspitzbahn setze ich die Stirnlampe auf und mache ein letztes Foto von der Strecke. Der Weg nach Grainau führt fast nur noch bergab. Ich bin jetzt auch downhill schneller als üblich, getrieben von der Vorstellung noch unter 16 Stunden zu finishen. Nach ca. 93 Kilometern gibts dann noch eine Schrecksekunde, als ich stürze und mit dem Oberschenkel auf einen Stein falle, zum Glück ist aber nichts weiter passiert. Der Schmerz muß warten bis ich im Ziel bin.
Von der Ferne höre ich schon den Sprecher im Zielbereich, es sind noch 2km und ich habe eine 15:49 auf der Uhr stehen. Fast wäre ich noch in eine Garageneinfahrt gerannt, weil dort die Streckenmarkierung befestigt ist und ich es in der Hektik erst zu spät mitbekomme.
Es ist 23:13 Uhr als ich am Musikpavillon das Ziel erreiche. Juliane (Supertrail in 11:05h) und ihr Freund Thomas warten dort auf mich. Wir schauen noch eine Stunde dem Zieleinlauf zu, ehe wir in unsere Ferienwohnung gehen. Nachdem ich geduscht habe, gehe ich wieder zum Ziel um Ute (die für 3 Uhr erwartet wird) zu empfangen. Es sind nicht mehr viele Leute da, aber sie und die Moderatoren bereiten jedem Ankommenden einen würdigen Empfang. Ich muß auch nicht bis um 3 Uhr warten, den Ute erscheint schon 6 Minuten früher.
Bilder gibt es hier.
Ergebnis Männer - Ultratrail:
1. Heras, Miguel (Team Salomon Spain - Salamanca ESP) 10:55:19,9
2. Karrera, Aranburu Iker (Team Salomon Spain - Tolosa ESP) 11:09:25,9
3. Dippacher, Matthias (Team Salomon Deutschland - Oy-Mittelberg) 11:14:46,5
4. Sandes, Ryan (Salomon Velocity Sp. Lab Red Bull - Cape Town RSA) 11:18:40,9
5. Nemeth, Csaba (Vidi.hu - Miskolc HUN) 11:30:08,0
6. Miksch, Thomas (Berglaufteam Haglöfs - Kempten) 11:37:13,6
7. Calmbach, Uli (Team Salomon Deutschland - Donzdorf) 12:22:58,7
8. Veit, Michael (NTC Oberstdorf - Rettenberg) 12:49:10,6
9. Schindler, Andreas (LAV asics Tübingen - Tübingen) 13:06:05,6
10. Charles-Mangeon, Benoit (TF Feuerbach - Stuttgart) 13:06:22,6
51. Delling, Thomas (LV Limbach 2000 - Chemnitz) 15:58:01,6
291. Leffler, Mirko (Photo Perfect Suhl - Suhl) 25:23:14,3
Ergebnis Frauen - Ultratrail:
1. Böttger, Julia (Team Salomon Deutschland - Rott am Inn) 14:15:08,8
2. Wermescher, Ildiko (FT Jahn Landsberg - Budapest HUN) 15:07:29,7
3. Calmbach, Andrea (Team Salomon Deutschland - Donzdorf) 16:00:00,6
4. Waiß, Anita (team2012.at - Gaaden AUT) 16:10:29,5
5. Nusseck, Daniela (alpinrunner.ch - Oberentfelden SUI) 16:26:11,6
6. Bethke, Ricarda (Swiss Jura Angels - Zuchwil SUI) 17:06:31,5
7. Lorenz, Madeleine (Annaberg-Buchholz) 17:17:17,2
16. Herfurt, Ute (LV Limbach 2000 - Chemnitz) 19:38:59,5
38. Pawzik, Heike (Sanitz) 25:23:17,3
Zwischenzeiten:
Km 17,3 - Ehrwalder Zugspitzbahn - 2:01:23,9 - Platz 57
Km 43,0 - Hämmermoosalm - 6:05:07,2 - Platz 80 (4:03:43,3 - 85.)
Km 56,9 - Hubertushof Reindlau - 8:31:38,9 - Platz 75 (2:26:31,7 - 74.)
Km 69,9 - Bannholzerweg - 10:27:16,6 - Platz 67 (1:55:37,7 - 52.)
Km 81,5 - Reintal -11:58:31,6 - Platz 68 (1:31:15,0 - 80.)
Km 88,5 - Längenfelder Bahnstation - 13:47:01,5 - Platz 63 (1:48:29,9 - 32.)
Km 95,7 - Längenfelder Bahnstation - 15:07:24,2 - Platz 54 (1:20:22,7 - 36.)
Km 101,0 - Grainau - 15:58:01,6 - Platz 51 (50:37,4 - 39.)
Veranstalterseite: http://www.zugspitz-ultratrail.com